Kommentar US-Afghanistanpolitik: Obama macht keine Experimente

Die neue Afghanistan-Strategie des US-Präsidenten bringt nichts Neues: Obama wird Krieg führen müssen, um das US-freundliche Regime zu stabilisieren.

US-Präsident Barack Obama hat seinen Landsleuten zur Frühstückszeit keine neue Afghanistanstrategie aufgetischt, sondern vielmehr ein more of the same mit dem Versprechen, bekannte Einsichten endlich umzusetzen. Denn viele seiner Ankündigungen sind seit Jahren Binsenweisheiten: etwa die, dass der Krieg am Hindukusch nicht mit militärischen Mitteln allein gewonnen werden kann. Militärische Sicherheit und ziviler Aufbau müssen Hand in Hand gehen. Oder dass Afghanistan keinen Frieden haben kann, solange die Taliban im Nachbarland Pakistan unbehelligt bleiben. Afghanistan und Pakistan brauchen eine gemeinsame Lösung, weshalb es im US-Jargon jetzt AFPAK heißt. Oder dass ausländische Truppen nicht allein für Sicherheit sorgen können. Vielmehr müssen zunehmend Afghanen ihr eigenes Land absichern. Oder dass es eines regionalen Ansatzes bedarf, den Obama jetzt auch wieder betont.

So weit, so selbstverständlich und deshalb auch unverändert. Entscheidend ist, ob den Ankündigungen Taten folgen, die bekannten Erkenntnisse also wirklich ernst genommen und dabei bisherige Fehler vermieden werden. Denn bisher hat mehr Militär stets zu mehr Gewalt mit mehr zivilen Opfern geführt und nicht zu mehr Sicherheit für diejenigen, die es zu schützen gilt. Wie Obama dies ändern will, sagte er nicht. Und viele Wiederaufbaugelder kamen nie bei der Bevölkerung an, sondern säten qua Korruption Missgunst.

Obama muss zugute gehalten werden, dass er eine umfassende Bestandsaufnahme in Auftrag gab und die Situation nicht beschönigt. Doch jetzt Dinge beim Namen zu nennen, weist auch anderen die Schuld zu und bereitet den Boden, dass die USA künftig in Afghanistan kleinere Brötchen backen. So wird es trotz gegenteiliger Behauptungen nicht mehr um das Ziel von Demokratie und gleichen Rechten für Frauen gehen, sondern nur noch um Stabilisierung eines US-freundlichen Regimes. Der Weg dahin wird jetzt Obamas Krieg. Denn darüber sollte sich niemand täuschen: Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass die USA diesen Krieg vielleicht noch gewinnen, so wird es erst mal mehr und nicht weniger Krieg geben.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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