gesundheitsversorgung: Fachleute bevorzugt

Wenn auch PathologInnen den ärztlichen Notfalldienst erledigen müssen, freut das weder sie selbst noch die PatientInnen. Bremens Kassenärztliche Vereinigung hat deshalb eine Neuregelung etabliert

Ärztin untersucht Patienten: Das muss auch im Notfall kein traumatisierendes Erlebnis sein Bild: DPA

Nächtliche Fieberanfälle, Fuß vertreten oder die "Pille danach". Anlässe, beim Notfalldienst auch außerhalb der Sprechzeiten ärztliche Versorgung zu suchen, gibt es reichlich. Der ist niedergelassenen ÄrztInnen hingegen oft ein Graus. Die Teilnahme daran ist für sie Pflicht. Das heißt: Neben den Praxissprechzeiten Wochenend- und Nachtschichten schieben. Bundesweit wird der Notfalldienst einzig in Bremen-Stadt anders organisiert: ÄrztInnen melden sich hier freiwillig für die Extraschichten. Diese Regelung tritt ab April verbindlich in Kraft.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) haben die vertragsärztliche Versorgung der PatientInnen nach dem SGB V auch "zu den sprechstundenfreien Zeiten" sicher zu stellen. Um das zu gewährleisten, sieht die Berufsordnung die Beteiligung aller niedergelassenen ÄrztInnen am Notfalldienst vor. In Bremen umgeht die KV dies nun mit einer Neufassung der Durchführungsverordnung. Ihr Argument: Im Notfalldienst sollen ausschließlich motivierte und qualifizierte MedizinerInnen behandeln.

Denn bislang mussten ÄrztInnen aller Fachrichtungen ran. Auch jene, "die vom eigentlichen Geschäft keine Ahnung haben", erklärt Hubert Bakker vom Vorstand des Bremer Hausärzteverbandes. "Wie PathologInnen etwa". Die Ärzteschaft begrüßt deshalb die neue Regelung, die schon immer ihr "Wunsch und Forderung" gewesen sei. Nun würden in Bremen "nur noch routinierte NotfallärztInnen" den Dienst übernehmen, die zumeist als HausärztInnen niedergelassen seien, sagt Bakker.

Dass sich nicht genug ÄrztInnen für den freiwillige Sonderdienst melden könnten, befürchtet die KV Bremen nicht, sagt ihr Sprecher Christoph Fox. Dies habe ein Testlauf in der Notfallzentrale im Klinikum Mitte, zuständig für die Versorgung von Bremen-Stadt, bereits gezeigt. Dort organisiert die KV die Dienste - "ohne dass es jemand gemerkt hätte" - bereits seit einem Jahr nach dem Prinzip der Freiwilligkeit. "Ohne Engpässe". 140 der insgesamt 900 in Frage kommenden ÄrztInnen hätten sich zum Dienst gemeldet, vornehmlich AllgemeinmedizinerInnen und HausärztInnen. "Wir mussten einigen sogar ein paar Schichten wegnehmen", so Fox. Allerdings eigne sich das Modell nur für Großstädte, in denen die Dichte an ÄrztInnen hoch ist. In Bremen-Nord und Bremerhaven ist die Teilnahme deshalb nach wie vor verpflichtend.

Edeltraud Paul-Bauer von der Unabhängigen Patientenberatungsstelle Bremen hält die Besetzung des Notfalldienstes mit AllgemeinmedizinerInnen auch aus PatientInnensicht für sinnvoll. Fraglich sei nur, ob die Sonderschichten aus fachlicher oder finanzieller Motivation geschoben werden. Denn für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste gibt es Zuschläge. "Gut verdienende ÄrztInnen haben meist wenig Lust am Notfalldienst teilzunehmen", sagt sie. Und: "Eine finanzielle Motivation muss nicht unbedingt für mehr Qualität sorgen". Eine Häufung an Beschwerden habe es bei der Patientenberatung während des Testlaufes im vergangenen Jahr allerdings nicht gegeben. Der Hausarzt Bakker schließt nicht aus, dass sich auch "KollegInnen, die nichts zu tun haben oder Geld brauchen" für den freiwilligen Notfalldienst melden. Er schätzt, dass ein sechsstündiger Nachtdienst rund 140 Euro "Aufgeld" bringt. Wegen des großen Andrangs sei es derzeit jedoch nicht möglich, mehr als vier Dienste im Quartal zu bekommen. Zudem ist durch die KV festgelegt, dass nicht mehrere Schichten am selben Tag übernommen werden können und zwischen den Diensten Pausen liegen. "Überarbeiten kann man sich also nicht". Dies sichere die Qualität der ärztlichen Versorgung im Notfalldienst zusätzlich. "In den Krankenhäuser, wo sie zwölf Stunden durchoperieren", sagt Bakker, "ist das schon was anderes".

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