Festnahme in Nordirland: Zweite Anklage nach Polizistenmord

Ein ehemaliger Sinn-Féin-Aktivist wegen Attentats in Nordirland in Haft. Zwei weitere Verdächtige wieder auf freiem Fuß.

Leugnet seine Beteiligung an der Tat: Ex-Sinn-Fein-Stadtrat McConville.

DUBLIN taz Ein nordirisches Gericht hat vorgestern unter schweren Sicherheitsvorkehrungen Anklage gegen zwei Männer wegen des Mordes an einem Polizisten erhoben. Der 48-jährige Beamte Stephen Carroll wurde vor gut zwei Wochen durch einen Kopfschuss getötet, nachdem er wegen einer eingeworfenen Fensterscheibe in die Lismore-Siedlung in Craigavon 40 Kilometer südwestlich von Belfast gerufen worden war.

Einer der beiden Angeklagten ist erst 17 Jahre alt. Weil er noch nicht volljährig ist, darf sein Name nicht veröffentlicht werden. Er hat in den zwei Wochen seiner Untersuchungshaft kein Wort gesagt. Neben dem Mord werden ihm das Sammeln von Informationen für terroristische Zwecke, unerlaubter Waffenbesitz sowie Mitgliedschaft in der verbotenen Continuity IRA zur Last gelegt. Diese Abspaltung von der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) hatte sich zu der Tat bekannt.

Der zweite Angeklagte ist Brendan McConville. Der 37-Jährige saß von 1993 bis 1997 für Sinn Féin, den politischen Flügel der IRA, im Stadtrat von Craigavon. Danach trat er aus der Partei aus, weil ihm die Zugeständnisse im Laufe des nordirischen Friedensprozesses zu weit gingen. Im Mai des vergangenen Jahres war er wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt worden. McConville bestreitet, etwas mit dem Mord an dem Polizisten zu tun zu haben. Zwei andere Männer, die ebenfalls in Zusammenhang mit dem Polizistenmord am Tag nach der Tat verhaftet worden waren, wurden am Montag ohne Anklage freigelassen, zwei weitere sitzen noch in Untersuchungshaft - ebenso wie vier Männer, die des Mordes an zwei Soldaten verdächtig sind. Die Pioniere Mark Quinsey, 23, und Cengiz Azimkar, 21, waren zwei Tage vor dem Mord an Stephen Carroll vor der Massereene-Kaserne in der Grafschaft Antrim erschossen worden, als sie sich eine Pizza von einem Lieferanten abholen wollten. Zu dieser Tat hat sich eine andere IRA-Splittergruppe, die Real IRA, bekannt.

Ein Gericht hat am Mittwoch geurteilt, dass die fortdauernde Untersuchungshaft der sechs Männer wegen eines Verfahrensfehlers unrechtmäßig sei. Die Polizei hatte die Haft um sieben Tage verlängert, weil die forensischen Untersuchungen immer noch nicht abgeschlossen sind. Die Polizei kann die Männer nun freilassen, sie kann sie nach der Freilassung sofort erneut verhaften, oder sie kann Anklage erheben.

Das Urteil, so glauben Experten, könnte Auswirkungen auf die britischen Antiterrorgesetze haben, die es erlauben, Verdächtige 28 Tage ohne Anklage festzuhalten. RALF SOTSCHECK

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.