Neue UN-Mission an Grenze zu Darfur: Europa gibt das Kommando ab

Die EU hat ihre Eingreiftruppe im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik an die UNO übergeben und zieht positive Bilanz. Die Helfer sind skeptischer.

Aus Eufor wird Minurcat: Die EU hat die ihre Eingreiftruppe in Nordafrika an die Vereinten Nationen übergeben. Bild: dpa

BERLIN taz Aus Sicht der EU war alles ein voller Erfolg. Die EU-Eingreiftruppe Eufor in Tschad und der Zentralafrikanischen Republik habe in ihrem Einsatzgebiet die Sicherheit erhöht, humanitäre Hilfe erleichtert, UN-Personal geschützt und Angriffe auf die Zivilbevölkerung abgeschreckt, lobten die EU-Außenminister am Montag ihre jetzt beendete afrikanische Mission. "Während ihres gesamten Mandates hat Eufor einen spürbaren Beitrag zum Schutz gefährdeter Zivilisten geleistet, insbesondere Flüchtlinge und Vertriebene, die von der benachbarten Krise in Darfur betroffen sind."

Am Sonntag ging die 3.300 Mann starke EU-Truppe offiziell an die UN-Mission Minurcat über. Bis zu 5.200 Blauhelmsoldaten sollen nun, wie der UN-Sicherheitsrat im Januar festlegte, im Osten Tschads und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik "zum Schutz gefährdeter Zivilisten beitragen" und mit den lokalen Sicherheitskräften zusammenarbeiten.

Dass zwischen Schutz der Bevölkerung und Zusammenarbeit mit den tschadischen und zentralafrikanischen Streitkräften ein Widerspruch bestehen kann, bleibt der Schwachpunkt der UN-Mission ebenso wie ihres EU-Vorgängers. Nötig wurde die ab 2007 begonnene Stationierung der europäischen Truppen nur, weil in den Einsatzgebieten bewaffnete Rebellen aktiv waren, die mit militärischer Unterstützung der Regierung Sudans gegen die Regierungen Tschads und der Zentralafrikanischen Republik kämpften. Die Unterscheidung zwischen EU-Truppen, die die Rebellen in Ruhe lassen, und ständigen Eingreiftruppen aus Frankreich, die in diesen beiden Ländern die jeweiligen Regierungen an der Macht halten, war nicht immer einfach. 1.650 Franzosen waren bis jetzt unter EU-Flagge im Einsatz, zusätzlich zu den 1.100 ständig stationierten französischen Soldaten im Tschad sowie einem Kontingent in der Zentralafrikanischen Republik.

Von den 1.650 "europäischen" Franzosen sollen 800 vorerst als UN-Blauhelme im Einsatz bleiben. Auch die EU-Mitglieder Finnland, Irland, Kroatien, Österreich und Polen werden weiter UN-Soldaten stellen, ebenso Albanien und Russland, die im Tschad erstmals Soldaten unter EU-Kommando hielten. Die Militärkooperation zwischen EU und Russland war ein Novum dieses Einsatzes. Zudem wird es zum ersten Mal seit langem wieder bedeutende europäische Kontingente in einer afrikanischen UN-Truppe geben, mit rund 2.000 der insgesamt 5.200 Blauhelme - für eine Übergangszeit, bis die afrikanischen Kontingente eingetroffen sind.

Dies unterstreicht die strategische Bedeutung dieser Mission zumindest in ihrer Anfangszeit. Sie kommt kurz nachdem der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag am 4. März Haftbefehl gegen Sudans Präsident Omar Hassan al-Bashir wegen Kriegsverbrechen in Darfur erließ und al-Bashir daraufhin humanitäre Helfer aus Darfur auswies. Es wird nun befürchtet, dass neue Gewalt in Darfur weitere Flüchtlinge in den Tschad treibt und auch die vom Sudan unterstützten Rebellen im Tschad eine neue Frühjahrsoffensive starten. Dazu kommen neue Kämpfe in der Zentralafrikanischen Republik. Rund 10.000 zentralafrikanische Flüchtlinge sind in letzter Zeit im Osten Tschads angekommen, wo bereits über 250.000 Flüchtlinge aus Darfur, 70.000 aus der Zentralafrikanischen Republik und 180.000 tschadische Vertriebene leben.

Aus Sicht von Hilfswerken ist die Bilanz der EU-Mission nicht sehr rosig. "Verbrechen bleiben weiter ungestraft und Banditentum ist Alltag für tausende Zivilisten", sagte die Tschad-Managerin von Oxfam International, Pauline Ballaman. Sexuelle Gewalt und Zwangsrekrutierungen nähmen zu. "Seit November haben Hilfswerke durchschnittlich 25 Angriffe im Monat erlebt, und seit Anfang 2009 sind über 10 Helfer angegriffen worden; mehrere Organisationen mussten ihre Arbeit zeitweise suspendieren", warnt Oxfam.

Oxfam fordert jetzt EU-Initiativen im Tschad zum Aufbau eines funktionierenden Justizsystems sowie mehr politischen Druck, damit endlich die eigentlich längst vereinbarten freien Parlamentswahlen stattfinden. Positiv verzeichnen Helfer hingegen, dass die Ernährungs- und Versorgungslage sich verbessert habe. Das liegt aber nicht an den Europäern - es hat einfach mehr geregnet.

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