Ratzinger in der Aula: Abgesegnet
Der Abdruck eines Ratzinger-Textes in einem rechten Sammelband war vom Sekretär genehmigt.
BERLIN dpa/taz In einem schmuddeligen Sammelband mit "nationalen" Texten des als rechtsextrem geltenden österreichischen Aula-Verlags sind Überlegungen des heutigen Papstes zum Thema Freiheit nachgedruckt (die taz berichtete). Distanziert hat sich Benedikt XVI. nie davon. Vielmehr hat der Sekretär des damaligen Kardinals Joseph Ratzinger, wie jetzt bekannt wurde, 1997 die Übernahme eines Beitrags in einer Publikation des Grazer Verlags sogar genehmigt.
Wie aus einem dem Spiegel vorliegenden Schriftverkehr des Vatikans mit dem Verlag hervorgeht, habe der damalige Sekretär des heutigen Papstes Benedikt XVI., Josef Clemens, den Nachdruck eines erstmals bereits 1995 erschienenen Aufsatzes "im Auftrag von Herrn Kardinal Ratzinger" genehmigt. Demzufolge gab Clemens mit Schreiben vom 30. September 1997 grünes Licht für die Publikation des Aufsatzes "Freiheit und Wahrheit" in der Monatsschrift Die Aula.
Der Text sei dann 1998 in dem Sammelband "1848 - Erbe und Auftrag" erschienen. Herausgeber seien zwei bekannte Rechtsextremisten. Der umstrittene Verlag schmückte sich aus Anlass der Papstwahl im Jahr 2005 erneut mit seinem angeblichen Aula-Autor Josef Ratzinger.
In dem Text Ratzingers, der zuerst 1995 in der internationalen Zeitschrift Communio erschien, beschäftigt sich der heutige Papst vor allem mit dem seiner Ansicht nach falschen Freiheitsbegriff der Gegenwart. Ratzinger schreibt unter anderem: "Ein Verständnis von Freiheit, das als Befreiung nur immer weitere Auflösung von Normen und die ständige Ausweitung individueller Freiheit bis hin zur völligen Befreiung von aller Ordnung ansehen mag, ist falsch."
Der Sprecher der Erzdiözese Wien, Erich Leitenberger, hatte im Februar erklärt, die Herausgeber der Aula hätten "offensichtlich kein Einvernehmen mit dem Kardinal gesucht". Zudem seien in dem Text "keinerlei Formulierungen enthalten, die in irgendeiner Weise "rechtem" Gedankengut nahestehen".
Nach dem ersten Bekanntwerden des Abdrucks hatte der österreichische Grünen-Abgeordnete Karl Öllinger erklärt, die Stellung des Papstes in der Debatte um die Piusbruderschaft müsse angesichts dieser Publikation völlig neu bewertet werden. "Es ist bemerkenswert, dass der Papst in einem Buch mit Rechtsextremen und Holocaustleugnern publiziert." Öllinger bemerkte, der Papst hätte sich längst gegen den Abdruck wehren oder sich zumindest davon distanzieren können. Nun erklärt sich, warum Benedikt XVI. das nicht getan hat. DPA, TAZ
Leser*innenkommentare
freies-denken
Gast
@ Lupambulus Berolinen.:
„mit dem falschen "Freiheitsbegriff der Gegenwart". Er argumentiert scharfsinnig und überzeugend gegen eine falsche Vorstellung von Freiheit (nämlich losgelöst von Wahrheit und Verantwortung), die heute allerdings weit verbreitet ist - häufig mehr unbewusst als bewusst, und deren zerstörerische Folgen wir in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise hautnah zu spüren bekommen.“
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Ratzingers aussagen sind immer im Kontext zur Religion zu betrachten.
Das der Kirchenaustritt schmerzlich sein muss, ist wohl nachvollziehbar.
Das die Diskriminierung und Ausgrenzung in der katholischen Kirche, weiterhin bestand hat ,bezüglich der sexuellen Orientierung von Menschen, die Gleichstellung von Mann und Frau weiterhin ein Tabu ist, Kondome und Sexualaufklärung weiterhin Verachtung findet,in der katholischen Kirche, sind auch als losgelöst von Wahrheit und Verantwortung zu bewerten.
Ich bin mir auch nicht sicher ob Ratzinger über Freiheit philosophieren kann, wenn er gar nicht weiß was Freiheit bedeutet.
freies-denken
Gast
@Alexander Reik
Es ist bekannt, dass es nicht nach Ihnen geht.
Sie müssen den Artikel ja nicht nochmal lesen.
Weiterhin ist Ihr Desinteresse nicht in die Wir Form zu formulieren, denn mich interessiert dieser Artikel sehr. Und ob Ratzinger rechtes Gedankengut hegt und pflegt, ist hier nicht das Hauptthema sondern: „Der Abdruck eines Ratzinger-Textes in einem rechten Sammelband war vom Sekretär genehmigt.“
Weshalb genehmigt Ratzinger eine Veröffentlichung im rechten Sammelband?
„Distanziert hat sich Benedikt nicht, autorisieren lassen hat er den Abdruck schon.“
Distanziert hat Ratzinger sich nicht ,also sind es seine Gedankengänge die sich im Sammelband wiederfinden.
"Es ist bemerkenswert, dass der Papst in einem Buch mit Rechtsextremen und Holocaustleugnern publiziert."
Es ist bedenklich, dass ein Papst meint, im Rechtsextremen Bereich sich äußern zu müssen!
Alexander Reik
Gast
Ist ja toll!!! Den Beitrag hab ich schon vor 4 Jahren im österreichischen Standart gelesen! Es ist ja bundesweit bekannt das die taz- Redakteure nicht gerade zu den Schnellsten zählen! Aber sich 4 Jahre Zeit lassen, das ist schon hart! Und dann auch noch ein Thema für das sich damals niemand interessiert hat, und heute genausowenig! Der Papst war nie rechtsradikal und wird es nie sein!
Lupambulus Berolinen.
Gast
Mitnichten beschäftigt sich Ratzinger in diesem hervorragenden Aufsatz (den ich selbst in der Vergangenheit vielen Leuten zum Nachdenklichmachen kopiert habe; selbstverständlich in der Communio-Fassung, denn als Sozialdemokrat lese ich keine rechten Blättchen) mit dem falschen "Freiheitsbegriff der Gegenwart". Er argumentiert scharfsinnig und überzeugend gegen eine falsche Vorstellung von Frteiheit (nämlicn losgelöst von Wahrheit und Verantwortung), die heute allerdings weit verbreitet ist - häufig mehr unbewuust als bewusst, und deren zerstörerische Folgen wir in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise hautnah zu spüren bekommen.