Wohnen mit Barometer

WOHNQUALIÄT Ein Wohnwertbarometer soll Mietern zur passenden Wohnung verhelfen und Vermietern Schwächen im Bestand aufzeigen. Im Prinzip gut, sagen Experten. Doch in Hamburg können Mieter kaum wählerisch sein

In Hamburg muss sowieso jeder nehmen, was er kriegen kann

Eckard Pahlke, Vorsitzender des Mietervereins Hamburg

Eine Wohnung in ruhiger, zentraler Lage, mit guter Verkehrsanbindung, am besten Altbau und nicht allzu teuer – das wünschen sich viele Hamburger und solche, die es werden möchten. Um so schwieriger ist es, die passende Bleibe zu finden. Die Suche einfacher machen soll das Wohnwertbarometer, das die Technische Universität Darmstadt zusammen mit der Immobilienfirma Pirelli RE entwickelt hat.

Anhand von elf Themen, zu denen unter anderem Behaglichkeit, Zugänglichkeit sowie Standortqualität und Versorgung gehören, haben die Forscher knapp tausend Wohnungen in ganz Deutschland untersucht. Um ein möglichst genaues Bild des Wohnwerts erstellen zu können, wurden die elf Themen nochmal in 43 Kriterien und 93 Aspekte unterteilt. Unter das Thema Standortqualität und Versorgung fallen zum Beispiel die Kriterien „Image des Quartiers“ oder „Versorgung mit Schulen und Kindergärten“. Zur Bewertung vergeben die Prüfer für jedes Thema Punkte von eins bis fünf und errechnen dann einen Mittelwert. Der Vorteil gegenüber anderen bereits bestehenden Indikatoren zur Wohnsituation ist, dass hier nicht bloß quantitative Faktoren wie die Größe der Wohnung oder deren Preis einberechnet werden, sondern auch qualitative wie das Umfeld des Gebäudes.

Nutzen soll das Barometer sowohl dem Betreiber als auch Mietern und Vermietern: Immobilienfirmen können ihren Wohnungsbestand prüfen, Mieter können sich bald mit der Suchfunktion auf der Homepage anhand von verschiedenen Kriterien die passende Wohnung suchen. Eckard Pahlke, Vorsitzender vom Mieterverein Hamburg findet das Barometer grundsätzlich gut, sieht aber auch ein paar Probleme. „Wenn das wirklich hilft, den Mietern eine Anleitung zu geben, finde ich die Idee super“, sagt er. Die Vermieter aber dafür zu gewinnen, das Barometer auf die eigene Wohnung anzuwenden, um so etwaige Schwachstellen aufzuzeigen, stelle er sich nicht einfach vor, da diese schon den gesetzlich zugesicherten Energiepass selten freiwillig herausrückten. „Wenn man dem Vermieter mit sowas kommt, dann heißt es oft: Der nächste bitte“, sagt Pahlke. Das System auf dem Hamburger Wohnungsmarkt anzuwenden, sei ebenfalls recht schwierig. „Hier muss sowieso jeder nehmen, was er kriegen kann.“

Das sieht auch Sun Jensch, Geschäftsführerin des Bundesverbands freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, so. „Ich finde das Barometer prinzipiell gut und würde es unseren Mitgliedern anbieten.“ Für Hamburg habe das System aber eher marginale Bedeutung. „Der Wohnungsmarkt ist voll ausgelastet, so dass man nicht wählerisch sein kann. Außerdem gibt es hier viele private Vermieter, für die der Aufwand zu groß wäre, als dass sie solch ein System benutzten.“ RABEA WILLERS