Tarifstreit in Baden-Württemberg: Schleichender Jobabbau

Die Tarifpartner in Baden-Württemberg beenden Scheinstreit über den Aufschub des Gehaltsanstiegs.

Südwestmetall-Chef Stefan Roell und IG-Metallbezirksleiter Jörg Hofmann bei den Verhandlungen im November. Bild: dpa

BÖBLINGEN taz Irgendwie herrscht dann doch Milde zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Südwesten. "Die Selbstverständlichkeit, mit der viele Arbeitgeber die Beschäftigten zur Kasse bitten, ist nicht hinzunehmen", sagte zwar IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann gestern im baden-württembergischen Böblingen. Mehr Aufhebens als diese Worte will die Gewerkschaft darum aber nicht machen.

Hintergrund ist der erst im November 2008 im Südwesten ausgehandelte, bundesweit übernommene Tarifvertrag. Er sieht unter anderem vor, dass Betriebe die Lohnerhöhung von 2,1 Prozent im Mai mit Zustimmung des Betriebsrates um bis zu sieben Monate aufschieben können.

Über die tatsächliche Anwendung stritten sich in den vergangenen Tagen die Tarifpartner. Der Gesamtmetall-Chef der Arbeitgeber, Martin Kannegiesser, hatte den Arbeitnehmern vorgeworfen, sie würde es als "Gnadenakt" gegenüber den Betrieben darstellen, großzügig Lohnerhöhungen zu verschieben. Gewerkschaftler Hofmann schoss darauf in der Stuttgarter Zeitung zurück, Kannegiesser habe die Regelung als Selbstverständlichkeit angesehen.

Eine Umfrage der Metallgewerkschaft vom Mittwoch zeigt nun, dass der Schaukampf wohl unnötig war. Rund ein Viertel der 119 befragten Betriebe der Metall- und Elektroindustrie im Südwesten wollen eventuell später auf die Verschiebung des Lohnanstiegs zurückgreifen - für die Hälfte spielt es überhaupt keine Rolle. Auch Gewerkschaftler Hofmann weiß in seinem Tarifbezirk bisher nur von einer Handvoll Betriebe, die den Aufschub nutzen wollen.

Die Hauptsorge der Gewerkschaft liegt ohnehin woanders: "2009 soll nicht zum Jahr der Entlassungen werden", forderte Hofmann. In der Hälfte der befragten Unternehmen fürchten die Betriebsräte einen Jobabbau. 60 Prozent fahren bereits Kurzarbeit oder stehen kurz davor. 70 Prozent haben sämtliche Leiharbeiter auf die Straße gesetzt. Und neue Stellen, so Hofmann, würden oft nicht mehr besetzt.

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