Deponie Schönberg: Müll macht Grüne stinkig

Lübecks Firmen sollen ihren Sondermüll nicht mehr zur nahe gelegenen Deponie Ihlenberg bringen. Der Betreiber der ehemaligen DDR-Müllhalde appelliert an die Nachbarschaftlichkeit und erinnert an Spenden für kommunale Projekte

Giftiger Arbeitsplatz: Ein Verdichter schiebt auf der Deponie Schönberg Müll zusammen Bild: dpa

Vor der Toren Lübecks stinkt es gewaltig. Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ärgert sich, dass die Sondermülldeponie Ihlenberg nach 30-jähriger Kritik noch immer betrieben wird. Deponiechef Hans-Gerd Bruckschen und etlichen Entsorgungsfirmen stinkt es dagegen, dass dauernd auf den Gefahren des Müllbergs herumgeritten wird, wie in einem aktuellen Beschluss der Bürgerschaft.

Demnach muss Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) an Lübecker Betriebe appellieren sowie per Anschreiben darauf aufmerksam machen, Sonderabfälle nicht mehr auf der Deponie Ihlenberg zu lagern. "Das ist ein wichtiges Signal nach außen", sagt Günter Wosnitza, Mitglied der Lübecker Grünen-Fraktion und des Entsorgungsausschusses. Seine Vorwürfe gegen die 1979 unter dem Namen "VEB Schönberg" erbaute Müllhalde reichen "von Giftgas bis hin zu kriminellen Machenschaften".

Im Laufe der Zeit sollen Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten und sogar Krebsfälle von Mitarbeitern unterschlagen worden sein, mutmaßt Wosnitza. Ein Senatsbeschluss von 1988 hatte jegliche Lieferung von Müll in die nahe gelegene DDR verboten. Weil mittlerweile sogar die Lübecker Stadtreinigung ihren Sondermüll wieder auf dem fünf Kilometer entfernten Ihlenberg ablädt, gingen die Grünen mit ihrem Boykott-Antrag in der Bürgerschaft auf die Barrikaden.

Dem Geschäftsführer der Deponie wird der Beschluss sicherlich nicht gefallen. Schon im vergangenen Dezember hatte Bruckschen seinem Ärger in einem offenen Brief an Bürgermeister Saxe Luft gemacht. Darin bittet er unter anderem darum, "über die Fragen des nachbarschaftlichen Umgangs sowie der Entsorgungssicherheit nachzudenken". Einige Sätze weiter erwähnt Bruckschen beiläufig die bisherige "Spendenpraxis" der Ihlenberger Abfallentsorgungsgesellschaft "mit erheblichen Beträgen für verschiedene Umweltprojekte sowie für soziale und kulturelle Zwecke in der Hansestadt Lübeck".

Da bestehe Korruptionsverdacht, sagt Günter Wosnitza von den Grünen. Einem Sprecher der Stadt Lübeck zufolge sagte Bürgermeister Saxe jedoch schon am vergangenen Donnerstag, dass es sich bei den erwähnten Zahlungen lediglich um ein "kleines Sponsoring" einer jährlichen Sandburgen-Veranstaltung handelt.

Nach Angaben des Pressesprechers geht die Stadtverwaltung davon aus, dass die Deponie sicher ist. Kritik an der Glaubwürdigkeit der Abfallentsorgungsgesellschaft bedeute ein "massives Misstrauen gegenüber der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns". Die hat mit dem Erbe aus DDR-Zeiten ein schweres Los gezogen. Schließlich war die Deponie Schönberg dafür bekannt, westdeutschen Giftmüll gegen Devisen einzulagern.

"Die Mülldeponie musste billig sein", sagt der Abgeordnete Wosnitza. Um Kosten zu sparen, hätten die damaligen Betreiber den unter anderem mit Dioxin belasteten Müll einfach in eine Kiesgrube gekippt. Die Folgen für das Lübecker Grundwasser seien bis heute nicht hinreichend erforscht.

Im vergangenen Juli sorgte jedoch eine Studie der Universität Greifswald für Aufregung. Nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler ist die Zahl der Krebserkrankungen bei den Deponiearbeitern um 80 Prozent höher als statistisch erwartbar. Die Stadt Lübeck hat nun eine Studie in Auftrag gegeben, welche das Krebsrisiko in drei angrenzenden Stadtteilen untersuchen soll.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.