Sony schrumpft sich nach Berlin

Sony verlagert seine Deutschlandzentrale von Köln nach Berlin – und spart dabei gleich ein paar Mitarbeiter ein

Ganz schön zynisch: Sony Deutschland kündigt an, seine Deutschland-Zentrale von Köln nach Berlin zu verlegen. Der Konzern verschweigt dabei auch nicht, dass einige der rund 650 Arbeitsplätze wegfallen werden. Und der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus, Stefan Liebich, erklärt: „Damit hat Sony eine kluge Entscheidung getroffen.“ Standortnationalismus in seiner pursten Form.

Kurz gedacht ist diese Äußerung auch. Denn auf Anfrage sowohl bei der Deutschland-Zentrale in Köln als auch bei der bereits am Potsdamer Platz stationierten Europa-Zentrale geben sich die Sprecher des japanischen Elektronikriesen bedeckt. Wie viele Mitarbeiter Sony Deutschland von Köln nach Berlin mitnehmen wird – dazu wollten sich beide nicht äußern. Eins ist aber schon jetzt klar: 650 neue Arbeitsplätze werden nach dem Umzug am 1. April 2006 in Berlin dadurch nicht entstehen.

Es ist allseits bekannt, dass Sony weltweit in den kommenden drei Jahren über 10.000 Stellen abbauen möchte, um Kosten in Milliardenhöhe zu sparen. Wie viele Mitarbeiter in Deutschland betroffen sind, wurde bisher nicht bekannt gegeben. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass Sony insbesondere auf den deutschen Markt seit Jahren Verluste macht. 2003 lagen sie bei 36 Millionen Euro; auch im vergangenen Jahr machte der Konzern in Deutschland ein Minus im zweistelligen Millionenbereich.

Dabei sollte Berlin aus eigener Erfahrung wissen, dass bei einem Umzug häufig Stellen wegfallen. So arbeiteten bei der Tochtergesellschaft Sony Music am Potsdamer Platz bis vor einem Jahr 470 Mitarbeiter. Dann fusionierte die Musiksparte mit der Bertelsmann Music Group (BMG). Kurze Zeit später wurde der Umzug der Zentrale nach München beschlossen. 80 Arbeitsplätze fielen weg.

Bei Sony selbst wird nun Berlin als Wirtschaftsstandort in höchsten Tönen gelobt. Vergessen ist dort anscheinend die Beschwerde des ehemaligen Sony-Konzernchefs Noboyuki Idei, dass es keinen Direktflug nach Berlin gibt. Vergessen auch Sonys Kritik, dass sich qualifiziertes Personal in Berlin nur schwer finden lässt. Vor nicht allzu langer Zeit hatte auch Sony Europe gedroht, Berlin den Rücken zu kehren.

Die Berliner Wirtschaftsverwaltung freilich hört die Lobeshymnen gerne. Immerhin habe Sony Deutschland angekündigt, sich neu zu strukturieren und wachsen zu wollen, sagt Wirtschaftssenatssprecher Christoph Lang. Er rechnet damit, dass der „überwiegende Teil“ der Kölner Arbeitsplätze beibehalten und nach Berlin verlagert wird. Seit Monaten habe Senator Harald Wolf (Die Linkspartei.PDS) Gespräche mit dem Geschäftsführer der Sony Deutschland GmbH, Manfred Gerdes, geführt. Zuletzt wartete man nur auf das „Go“ aus der japanischen Konzernzentrale. Fördergelder hätten bei der Entscheidung jedoch keine Rolle gespielt, versichert Lang. Sie würden nur bei einer Neuinvestition, nicht bei einem Umzug fließen. Berlin habe allein wegen seiner Strahlkraft als Musikhauptstadt das Rennen gemacht. Wirtschaftssenator Wolf ließ sich gar zu folgendem Satz hinreißen: „Berlin wird Sony gut tun.“

FELIX LEE, TINA HÜTTL