Kommentar Konjunkturprogramm: Die Konjunktur wird umkreist

Viele sinnvolle Vorschläge, die Wirtschaft nachhaltig anzukurbeln, sind bekannt. Doch in den Entscheider-Etagen des Landes finden sich keine Mehrheiten.

Das Konjunkturprogramm geht zum Jahresendspurt seinen deutschen Gang: Umweltminister Gabriel gibt Interviews zum Grünen New Deal, der Gewerkschaftsbund macht Vorschläge zu einem 60-Milliarden-Euro-Schub, die Sozialverbände mahnen ein Konjunkturprogramm für Bedürftige an. Und die Kanzlerin trifft sich am Tag vor Heiligabend noch schnell mit den Ländervertretern, um über vorgezogene Infrastrukturprogramme zu beraten.

Die entscheidenden Stellen in der Bundesregierung lassen dabei leider noch immer nicht erkennen, welche Richtung sie genau einschlagen wollen. Dabei hat sich inzwischen herausgestellt, dass nur eine Kombination aus zwei Dingen hilft: Konsum anregen und nachhaltig investieren.

Kurzfristig mehr konsumieren werden, wenn überhaupt, nur die ärmeren Schichten der Bevölkerung. Denn die besitzen nicht schon alles materiell Nötige. Wege für eine schnelle Wirkung eines Konjunkturprogramms wären hier eine Anhebung der Hartz-IV- und der Sozialhilfesätze. Außerdem generelle und ausreichend hohe Mindestlöhne.

Das passt vielen in Deutschland nicht, aber so sind nun einmal die Fakten. Wer glaubt, angesichts eines beispiellosen Wirtschaftseinbruchs ließen sich die mittleren und reicheren Schichten der Gesellschaft zum Konsumieren überreden statt zum Sparen, der missachtet alle Erfahrung aus früheren Zeiten. Steuersenkungen oder höhere Freibeträge für Unternehmen werden wirkungslos verpuffen.

Der zweite Ansatzpunkt ist längerfristig: sinnvolle Investitionen. Also mehr Geld für Bildung, Forschung, Integration von abseitsstehenden Jugendlichen. Und die unabhängig von der Konjunktur dringend nötigen Vorbereitungen auf die kommenden Klima- und Energiekrisen. Nur gutes Investment hilft, die Stimmung bei den besser Verdienenden und die reale Lage bei Firmen aufzuhellen. Neue Autobahnen oder vorgezogene Großprojekte bringen nur in Einzelfällen etwas.

Diese Vorschläge mögen vielen bekannt vorkommen. Aber in den Entscheider-Etagen des Landes scheinen sie noch nicht mehrheitsfähig zu sein. Hoffen wir mal auf die Erleuchtung über die Weihnachtsfeiertage.

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Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

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