Neuer Öko-Trend Hypermiling: Extremsport Spritsparen

Sie wollen nicht tanken und tun fast alles dafür: Anhänger des "Hypermiling" sind auf der Suche nach dem niedrigsten Verbrauch - erste Autohersteller folgen dem Trend.

Die Zukunft des Spritsparens? Hypermiler sind kreativer. Bild: ap

Es ist eine amerikanische Erfindung und spart dennoch Sprit: Aus dem Land der SUVs, Vans und anderer Benzinschleudern kommt "Hypermiling", ein Sport, dessen Ziel es ist, beim Autofahren möglichst wenig Kraftstoff zu verbrauchen. Wie das funktionieren soll? In dem man den Windschatten von Lkws ausnutzt, das Gewicht des Autos reduziert oder den Motor am Hang abschaltet - nicht alles ist legal, doch jede Maßnahme schont den Tank.

In Online-Foren messen sich die Ökosportler aneinander und diskutieren, wie sie aus jedem Tropfen die maximale Leistung holen können. Eines der bekanntesten amerikanischen Foren ist EcoModders. Dort treffen sich vor allem Bastler und Tüftler. Mitglieder schicken Fotos von ihren aerodynamisch umgebauten Autos oder erstellen eine Top Ten der sparsamsten Modelle.

Weil nicht jeder an seinem Auto basteln mag, stehen beim Hypermiling auch Fahrtechniken auf dem Prüfstand. Dass frühes Schalten den Verbrauch senkt, lernt heutzutage jeder Fahrschüler. Manche Hypermiler gehen darüber hinaus und machen Autofahren mit ihren teils waghalsigen Manövern zum gefährlichen Extremsport. Ohne zu bremsen in die Kurve und dann in den Windschatten hängen. Das klingt nach Michael Schumacher. Nur: Es geht nicht um Schnelligkeit, sondern um Effizienz. Wettbewerb ist dabei ein willkommenes Element.

Auch Ingrid Beckmann hat den Hypermiling-Trend für sich entdeckt und darüber auch schon auf ihrem Blog "Energiespar-Rechner" geschrieben. "Klar vergleichen wir uns im Freundeskreis oder mit Kollegen untereinander", erzählt sie. "Einer sagt, er braucht nur sieben Liter, der nächste hält mit sechs dagegen." Beckmann versucht, Hypermiling nach Deutschland zu übertragen. Man könne das Ganze doch "Minilitern" nennen, schlägt sie vor.

Von gefährlichen Fahrmanövern distanziert sich Beckmann allerdings. Für sie hat Spritsparen vor allem damit zu tun, die Geschwindigkeit zu drosseln, auch wenn das "sportliche Fahren" darunter ihrer Meinung nach nicht leiden braucht. Dennoch: Auf ihren Heimstrecken optimiert sie ihr Fahrverhalten unter effizienten Gesichtspunkten. "Einen Kilometer vor der Autobahn-Ausfahrt gehe ich vom Gas. Dann komme ich mit 80 bei der Ausfahrt an." Umbauten hat sie an ihrem Opel Corsa keine vorgenommen, doch alleine durch vorsichtigeres Fahren hat sie ihren Verbrauch einmal schon auf 5,5 Liter pro 100 Kilometer gedrückt. Derzeit rechnet sich Beckmann ihr Ergebnis noch mit Tankzettel und Kilometerstand aus.

Noch. Denn nach und nach bringt Hypermiling auch Autohersteller auf den Plan. Das Konzept hat bereits Karriere gemacht: Das New Oxford American Dictionary hat es zum Wort des Jahres 2008 gewählt. Für ihre nächste Auto-Generation greift die Industrie den Trend nun bereits auf. Ford arbeitet gerade an einem neuen Display: Je weniger Sprit im Motor verbrannt wird, desto größer wächst eine animierte Pflanze.

Einen Schritt weiter geht indes der japanische Hersteller Nissan. Er liefert Navigationsgeräte mit einer Stimme, die zu umweltschonendem Fahren animieren soll. Belehrungen mögen viele Autofahrer jedoch nicht. Daher hat Nissan zugleich ein Wettbewerbssystem eingeführt. Das Auto ermittelt den persönlichen Verbrauch und sendet ihn an Nissan. Dort wird dann für jedes Modell ein eigenes Verbrauchsranking erstellt. Nicht so sparsame Fahrer erhalten als Rückmeldung immer noch Bronze, bessere Silber oder Gold und die sparsamsten zehn Prozent werden mit Platin geehrt.

Letztlich ist Hypermiling auch nur ein trendiger Begriff für ein bereits bekanntes Thema - spritsparendes Autofahren. Wettbewerb über Internetrankings wie bei Computerspielen bringt jedoch neuen Schwung hinein. Wenn nun noch die Autohersteller den Verbrauch ihrer Modelle ab Werk senken würden, wäre das 1-Liter-Auto vielleicht möglich.

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