SPD-Hessen kürt Schäfer-Gümbel: "Thorsten macht seine Sache gut"

Ohne weiteren Zank wählt Hessens SPD mit Thorsten Schäfer-Gümbel zum neuen Spitzenkandidaten. Seine Vorgängerin Ypsilanti klingt nur ein klein wenig überheblich.

Hat zumindest auf dem Fan-Shirt Superkräfte: Thorsten Schäfer-Gümbel. Bild: reuters

Die gebeutelte hessische SPD hat es auf einem Sonderparteitag vermocht, sich für den Landtagswahlkampf geschlossen aufzustellen. Die Delegierten in Alsfeld bei Fulda kürten den in der Partei bis vor kurzem noch unbedeutenden Gießener Landtagsabgeordneten Thorsten Schäfer-Gümbel mit einem 96,7-Prozent-Traumergebnis zum gefeierten Spitzenkandidaten. Die beim Versuch einer Regierungsbildung gescheiterte Parteivorsitzende Andrea Ypsilanti wurde mit 82 Prozent auf Platz zwei der Wahlliste gewählt, obwohl sie eine Gegenkandidatin hatte.

Damit könnte es bis zur Neuwahl am 18. Januar spannender werden als erwartet. Das Parlament hatte sich aufgelöst, nachdem Ypsilantis Versuch, eine rot-grüne Regierung mithilfe der Linken zu wählen, gescheitert war, da drei SPD-Abgeordnete überraschend nicht mitmachten. Die Partei stand danach hilflos da, machte sich Vorwürfe. Einige Parteimitglieder verlangten Ypsilantis Rücktritt.

Auf dem Parteitag übernahm Ypsilanti den Part der Vergangenheitsbewältigung. Danach brauchte der 39 Jahre alte Schäfer-Gümbel nur einen Schlussstrich zu ziehen: "Ich kenne keine andere Partei, die vier Wochen über ihre Fehler geredet hat. Wir haben das gemacht, und jetzt ist gut." Der Chef der Bundespartei, Franz Müntefering, rief: "Es war genug Büßerhemd."

Schäfer-Gümbel hielt eine kämpferische Rede. Ministerpräsident Roland Koch von der CDU nannte er einen Wirtschaftslobbyisten, mit dem die SPD keine große Koalition eingehen werde. Er habe immer wieder gegen Minderheiten gehetzt. "Das ist schäbig, das ist unerträglich und für dieses Land unwürdig."

Dem Spott gegen ihn selbst begegnete Schäfer-Gümbel locker. Unmittelbar nachdem ihn die Parteiführung als Spitzenkandidaten ausgerufen habe, habe ihm schon ein Freund geraten, den Namen zu ändern, die Brille zu wechseln und nicht über Fußball zu reden. Über Fußball rede er so wenig wie möglich, und eine neue Brille habe er bereits. Dass er auch den Nachnamen seiner Frau trage, zeige eben, dass sich vieles geändert habe. Während Familienministerin Ursula von der Leyen den Zeitgeist ändern wolle, sei er mit seinem Doppelnamen schon die neue Männergeneration.

Neben Selbstironie versuchte Schäfer-Gümbel Selbstbewusstsein zu zeigen. Mehrfach stellte er sich als künftiger Ministerpräsident vor. "Meine Regierung wird ein besonderes Augenmerk auf die berufliche Bildung legen." Frauenpolitik werde er in der Staatskanzlei ansiedeln, sagte er. Er richtete sogar eine Spitze gegen die Bundes-SPD: "Ich sage, dass wir in den letzten Monaten auch ein bisschen mehr Unterstützung hätten gebrauchen können." Die Delegierten beklatschten Schäfer-Gümbel stehend, obwohl seine Rede mit 80 Minuten Überlänge hatte.

Auch zum Applaus für Ypsilanti standen die Delegierten auf. Sie nannte Schäfer-Gümbel den Kapitän, verlor aber auch ein "Thorsten macht seine Sache gut", was tätschelnd klang. Schäfer-Gümbel seinerseits legte einen Arm um sie.

Um Platz zwei der Wahlliste konkurrierte die Darmstädter Landtagskandidatin Astrid Starke mit Ypsilanti. Dies hätte Zunder für den Parteitag liefern können, doch Starke bot statt einer feurigen Attacke auf Ypsilanti nur eine kleinlaute Ansprache. "Ich stehe hier, weil mich meine Delegierten vor Ort dazu aufgefordert haben. Ich habe es ihnen versprochen", sagte sie. "Ihr könnt Andrea wählen, ihr könnt mich wählen, oder ihr könnt euch enthalten." Entsprechend souverän siegte Ypsilanti.

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