Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die SPD ist aus Wolfgang Clement ausgetreten, und das ist vor allem ein psychologisches Fiasko.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Indien, Pakistan, Afghanistan - also jetzt nur wegen dieser Frage hier muss ich auch nicht son Überangebot haben.

Was wird besser in dieser?

Obamas Kabinett kommt, bin gespannt.

Der Terroranschlag in Bombay: Welche Folgen wird er haben?

Siehe Pakistan: US-Regierung fordert Einsatz großer Mengen Ausräucherstäbchen gegen "internationalen Terror". Indien hat makabres Glück, dass Bush schon zahnlos und Obama noch unbestimmt ist. Obama umgekehrt weiß, dass er zirka null Sekunden hatte, das US-Selbstverständnis neu zu definieren: Sollen die USA der inoffizielle Verbündete der Attentäter sein und überall dort einmarschieren, wo sie Terrorangst herbeigebombt haben?

Wolfgang Clement hat der SPD gekündigt. Ein Fehler?

Die SPD ist aus Clement ausgetreten, und das ist vor allem ein psychologisches Fiasko: Clement ist innen komplett mit dem Wort "Loyalität" tapeziert, so dass für außen nix mehr übrig war. Er zerstörte seine politische Karriere, als er auf Geheiß Brandts seinem Kanzlerkandidaten Rau in den Rücken fallen sollte. Und saß dessen Zaudern und Altwerden in NRW viel zu lange aus, statt an seine Stelle zu drängen. Schließlich galt er anfangs in Schröderkrisen als geheimer Nebenkanzlerkandidat, der wieder nicht nach der Macht griff. Nun ist keiner mehr an der SPD-Spitze, den ein Mann seiner Statur als Chef oder Chefin respektieren könnte. Und ohne Chef ist Clement ganz offenbar orientierungslos, ein bisschen Voice ohne his Master. Die Lehre seiner Laufbahn ist, dass man z. B. als Chefredakteur in Hamburg gelassen abwarten kann, bis die SPD um Wiederaufnahme in Clement bittet. Für die "Markenführung" des "brands" SPD ist es ein Desaster. Ein komischer Vogel, der, um Konflikte zu vermeiden, erst seinen linken, dann seinen rechten Flügel amputiert. Flieg, Rumpfdohle!

Was lässt das von der Bundesregierung geschnürte Antirezessionspaket zu wünschen übrig?

Es ist eine Bewährungsstrafe im Angesicht höchster Wiederholungsgefahr. Hier wird als Kredit und Bürgschaft ausgereicht, was längst reichen würde, die maroden Buden zu kaufen und das verantwortliche Management zu feuern. Glaubt dieser Staat der FDP immer noch, er müsse sich für seine Spenden entschuldigen?

Die CDU kündigt an, als erste Partei Deutschlands werde sie einen exklusiven Blick hinter die Kulissen ihres Bundesparteitags gewähren: mit CDU-TV. Schon gesehen?

In der Literatur heißt das ZDF "Adenauer-Fernsehen", nachdem der "Alte" die ARD als "zu links" schmähte. Und allerhand Versuche unternahm, ein "eigenes" , christdemokratisches System zu etablieren. Die Anbindung an vermeintliche Unions-Hochburgen sollte das ZDF konservativ verankern.

Ein noch ärgerer Irrtum war die Offensive seiner Enkel Kohl und Schwarz-Schilling für das vermeintlich strukturell rechte Kommerzfernsehen. Kohl durfte zum Dank von Kirch ein paar Schranzen bei Sat.1 platzieren, Zauberlehrling Schwarz-Schilling wand sich bald mit Grausen von Blut-und-Titten-TV ab. Aus dieser Perspektive und als überzeugter Trash-Fan begrüße ich natürlich jede medienpolitische Initiative der Union.

SPD-Rebellin Carmen Everts fordert von Andrea Ypsilanti, SPD-Landes- und Fraktionsvorsitz zugunsten von Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel aufzugeben, damit er bei der Hessenwahl bessere Chancen hat. Soll sie zurücktreten?

Meint man es wirklich gut mit Schäfer-Gümbel, wenn man seine Chance auf Unfallflucht verringert?

Der Bundesrat hat das BKA-Gesetz abgelehnt. Wie lange müssen wir darauf warten, dass es unter anderem Namen ganz still und leise doch verabschiedet wird?

Moment, ich gucke mal eben auf Schäubles Rechner nach.

Die Commerzbank kauft der Allianz den Rest der Dresdner Bank für fünf Milliarden Euro ab. Was haben die Kunden davon?

Die Commerzbank hat vor einem Monat eine "stille Einlage" des Staats von 8,2 Milliarden Euro bekommen. Wir Steuerzahler können uns also ausrechnen, dass uns die Dresdner Bank jetzt komplett und jedem noch zwei Quadratmeter einer Commerzbank-Zweigstelle gehören. Das dumpfe Wispern dort ist die FDP, sie hat ein eigenes Bankschließfach bekommen, in dem sie gegen Verstaatlichung teufeln darf.

Herr Küppersbusch, warum haben Sie noch keinen Bambi?

Ich respektiere die in Ihrer Frage enthaltene berechtigte Empörung.

Und was macht Borussia Dortmund?

Hat gerade noch Trikot-, Stadion und allgemeine Rechte mehrjährig teuer verkauft, bevor die Finanzkrise losging. Vielleicht sollte man Watzke die Commerzbank zum Spielen schenken. Bankautomaten mit der Stimme von Kloppo ("Ey … Karte über rechts reinziehen … reinmachen!") … klasse.

FRAGEN VON FX, SVE

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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