Kommentar EU-Konjunkturprogramm: Die Börse weiß es besser

Das Brüsseler Konjunkturprogramm klingt gut, doch es ist nur ein Vorschlag. Denn die EU-Kommission hat weder bei der Steuerpolitik noch bei der Wirtschaftspolitik mitzureden.

Glaubt man der EU-Kommission, dann lässt sich die Konjunkturkrise in eine tolle Chance für Europa ummünzen. Statt Finanzspritzen mit der Gießkanne soll es gezielte Subventionen für Zukunftsinvestitionen geben - also für abgasarme Autos, energiesparende Produkte und schnelles Internet für alle. Steueranreize sollen zudem dafür sorgen, dass die Kunden auch zugreifen in der Warenwelt des 21. Jahrhunderts.

Doch die dynamischen Schlagworte in der Kommissionsmitteilung, zum Beispiel "ttt" (timely, temporary, targeted; also rechtzeitig, befristet und gezielt) oder "ppp" (Public-Private Partnership; das Zusammenspiel von privaten Investitionen und öffentlicher Förderung) können über eines nicht hinwegtäuschen: Die EU-Kommission hat weder bei der Steuerpolitik noch bei der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten mitzureden. Die Pläne für eine EU-weite Ökosteuer scheiterten schon vor 15 Jahren daran, dass Steuerpolitik von den Mitgliedsstaaten nur einstimmig beschlossen werden kann. Und das ist bis heute so geblieben.

Deshalb ist das groß angekündigte Brüsseler Konjunkturprogramm nur eine lange Vorschlagsliste, bei der sich jeder Mitgliedsstaat bedient - oder eben nicht. Die beeindruckend wirkende Summe von 200 Milliarden Euro schrumpft bei näherer Betrachtung auf 5 Milliarden. Das ist nämlich der Betrag, den die EU-Kommission zusätzlich für Zukunftsinvestitionen einsetzen will. Er stammt aus nicht abgerufenen EU-Mitteln. Auch diese Finanzspritze müssen Rat und Parlament erst genehmigen, bevor die Kommission sie wirklich einplanen kann.

All das wissen Kommissionspräsident Barroso und seine Finanzexperten natürlich selber ganz genau. Sie glauben aber, dass ihr "Seht her, wir tun was" die Märkte beruhigt und Vertrauen schafft. "Ttt" und "ppp" sollen als Mantra dienen, das die Börsenkurse klettern lässt und die Konsumlaune hebt. An der Börse scheint man das Kleingedruckte im EU-Konjunkturprogramm aber gelesen zu haben: Sie zeigte sich gestern Nachmittag unbeeindruckt.

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