Merkels Prognose für 2009: Regierung prophezeit düstere Ära

Kanzlerin Merkel (CDU) und Finanzminister Steinbrück (SPD) stimmen das Wahlvolk auf schlechte Zeiten ein. Die CSU macht derweil Dampf für Steuersenkungen.

"Wirtschaft ist zu einem Großteil Psychologie": Arbeiter im Finnetunnel der ICE-Neubaustrecke Erfurt-Leipzig. Bild: dpa

Die Spitzen der großen Koalition haben den Platz in den Wochenendzeitungen genutzt, die Bevölkerung auf ein wirtschaftliches schlechtes Jahr 2009 einzustimmen. Die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte in der Welt am Sonntag: "Wir müssen damit rechnen, dass das kommende Jahr, zumindest in den ersten Monaten, ein Jahr schlechter Nachrichten wird."

Merkel erklärte, dass bis Ende März 2009 "fast 50 konkrete Maßnahmen von den Experten der G20-Staaten erarbeitet" würden, um die Weltwirtschaft künftig vor Finanzkrisen der aktuellen Größenordnung zu schützen. Sie plädierte dafür, die Soziale Marktwirtschaft "weltweit zur Entfaltung" kommen zu lassen. Denn nur diese schütze vor Risiken und Exzessen der Finanzmärkte, die die gegenwärtige Krise verursacht haben.

Im selben Interview erklärte Merkel allerdings auch: "Wirtschaft ist zu einem Großteil Psychologie, deshalb kann jeder durch Gelassenheit einen Beitrag leisten, damit keine durch Angst getriebene Abwärtsspirale entsteht."

Was zunächst für Politiker nicht zu gelten schien. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) erklärte im Tagesspiegel am Sonntag: "Wir sind in einer Rezession, und es liegt ein schweres Jahr 2009 vor uns." Wie Merkel wandte sich Steinbrück gegen weitere konjunkturfördernde Maßnahmen über das beschlossene 5-Milliarden-Euro-Paket hinaus - etwa zusätzliche Steuersenkungen im kommenden Jahr. "Ich bin es leid, wie in einem Rattenrennen ständig neue Forderungen entgegenzunehmen und mich dafür rechtfertigen zu müssen, dass ich nicht jede Milliardenzeche bereitwillig bezahle", sagte Steinbrück. Gegen eine weltweite Krise "kann auch Deutschland nicht anfinanzieren."

Arbeitsminister Olaf Scholz erklärte in der Frankfurter Allgemeinen am Sonntag, die Vorhersagen fürs kommende Jahr sprächen zwar von einem leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit. "Aber wir sollten uns darauf vorbereiten, dass es auch schlimmer kommen kann."

Der Staatshaushalt 2009, der in dieser Woche vom Bundestag verabschiedet werden soll, atmet noch wesentlich mehr "Gelassenheit" (Merkel) als das Kabinett: Er wurde in der Annahme eines kleinen Wirtschaftswachstums und eines weiteren Rückgangs der Arbeitslosenzahlen erstellt. Eingeplant ist eine erhöhte Neuverschuldung von 18,5 Milliarden Euro. Dies dürfte jedoch angesichts der von sämtlichen Zuständigen prognostizierten Wirtschaftskrise bei weitem zu gering angesetzt sein.

Einzig der Noch-Chef des Wirtschafts-Sachverständigenrats der Bundesregierung Bert Rürup spendete lindernde Worte: Die Finanzkrise sei bald vorbei. "In einigen Monaten sollte sich die Situation entspannt haben", sagte Rürup dem Focus. Der normale Bürger könne jedoch von der Rezession getroffen werden. 2009 drohe sich der Arbeitsmarkt einzutrüben. "Allerdings stützen die stark fallenden Öl- und Rohstoffpreise und die sinkenden Zinsen die Konjunktur", sagte Rürup. Der Chef der "Wirtschaftsweisen" wird sich bald nicht mehr mit der Haltbarkeit seiner Prognosen auseinandersetzen müssen: Im April wechselt Rürup zum Finanzberatungskonzern AWD.

Nutzen könnte die aktuelle Unsicherheit über angemessene Krisenbekämpfung der CSU. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) verlangte im Spiegel erneut, die Steuern "für kleine und mittlere Verdiener" zu senken - jetzt sofort und nicht erst, wie die CDU auf ihrem Parteitag in Stuttgart in einer Woche ankündigen wird, nach der Bundestagswahl 2009.

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