Bundeswehr im Auslandseinsatz: Unbehagen im Antiterrorkampf

Der Bundestag entscheidet, ob die Bundeswehr weiter gegen Terroristen und Piraten kämpft. Vielen Grünen ist der Unterschied zwischen guten und bösen Antiterror-Einsätzen jetzt egal.

Deutsche Marinesoldaten dürfen bald offiziell auf Piratenjagd gehen. Bild: ap

BERLIN taz Möglichst ohne besonderes Aufheben möchte die große Koalition am Donnerstag den Bundestag das Bundeswehr-Mandat für die "Operation Enduring Freedom" (OEF) verlängern lassen. Die Abgeordneten sollen zustimmen, dass die deutsche Marine im Namen des Kampfes gegen den Terror am Horn von Afrika Schiffe kontrolliert. So soll der Schmuggel von Waffen, Munition und Drogen unterbunden und Terroristen der Nachschubweg abgeschnitten werden.

Die Obergrenze des OEF-Mandats wird von 1.400 auf 800 Bundeswehrsoldaten herabgesetzt, doch dürfte auch dieses Limit im kommenden Jahr nicht erreicht werden. Gegenwärtig sind nur 85 Leute vor Ort. Im Januar übernehmen die Deutschen das Kommando von Dänemark und schicken eine Fregatte mit rund 240 SoldatInnen.

Der Zusammenhang des Marineeinsatzes vor Ostafrika mit dem US-geführten Antiterrorkampf in Afghanistan war von Beginn 2001 an eher lose. Doch fand sich die deutsche Marine, wo sie nun einmal da war, zunehmend mit einer anderen Aufgabe konfrontiert: der Piratenbekämpfung.

Die Piraterie hat vor der Küste Somalias stark zugenommen. Doch der Schutz von Handelsschiffen vor Räubern gehört laut Grundgesetz nicht unbedingt zur Aufgabenbeschreibung der Bundeswehr, auch wenn sie zur Nothilfe verpflichtet ist. Das see- und verfassungsrechtliche Dilemma, das sich nicht nur der Bundesrepublik stellt, soll nun die von der EU geplante Operation "Atalanta" auflösen. Darin werden ab Dezember erstmals Kriegsschiffe offiziell gegen Piraten eingesetzt. Die Bundeswehr soll für Atalanta eine Fregatte bereitstellen. Dem muss der Bundestag noch zustimmen.

Der "Afghanistan-Teil" des Bundeswehreinsatzes fehlt im neuen OEF-Mandat. Die etwa 100 Soldaten des geheimnisumwobenen Kommandos Spezialkräfte wurden von den USA in ihrem Antiterrorkampf sowieso nicht gebraucht. Sie werden jetzt in der internationale Schutztruppe Isaf eingesetzt.

In diesem Mini-Rückzug von OEF bildet sich das wachsende Unbehagen der großen Koalition über den Antiterrorkampf der USA in Afghanistan ab. Die Bundesregierung hofft, dass Afghanistan sich im Rahmen des Isaf-Einsatzes stabilisieren lässt und ein US-Präsident Barack Obama sich vom OEF-Kriegskurs auf zivilere, vermittelnde Isaf-Pfade bewegt.

Die Opposition im Bundestag hält von diesem Kalkül wenig. Für die Linke ist OEF und Isaf ohnehin der gleiche Krieg. Auch die Grünen fordern mittlerweile, das OEF-Mandat ganz zu stoppen. Die völkerrechtliche Legitimation der "Selbstverteidigung" der USA nach dem 11. September 2001 sei erloschen.

Doch wird in grünen Reihen nun auch die Unzufriedenheit mit dem gesamten Afghanistan-Einsatz lauter. Der Abgeordnete Christian Ströbele startet heute eine Unterschriftenkampagne "Den Krieg in Afghanistan beenden" - ob Isaf oder OEF. Es dürfe kein "Weiter So" mehr geben, schreibt er in seinem Aufruf: Die US- und Nato-Truppen "sollen in verantwortbarer Weise, in überschaubarer Zeit abziehen". Erstunterzeichner sind sieben weitere Grünen-Abgeordnete, die Grüne Jugend sowie einige Friedensforscher und -aktivisten.

Es gehe ihm darum, "dass das Thema Afghanistan im Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr eine große Rolle spielt", erklärte Ströbele hierzu der taz. Die Gefahr sei groß, dass Politiker sich bis zur nächsten Abstimmung Ende 2009 lieber nicht festlegen wollten. Genau dazu will Ströbele auch seine eigenen Fraktionskollegen jedoch zwingen.

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