Nach web-affinem Wahlkampf: Obama sucht IT-Chef

Mit dem Regierungswechsel in den USA wird erstmals auch das Amt eines landesweiten Technologiechefs eingeführt. Im Vorfeld wurden bekannte Namen gehandelt, darunter auch Google-Boss Schmidt.

Ein Kandidat weniger: Google-Chef Schmidt will schon mal nichts ins Obama-Team.

Schon die Berufsbezeichnung klingt imposant: "Chief Technology Officer of the United States" soll der offizielle Titel des neuen Technologiegurus lauten, den der neue US-Präsident Barack Obama pünktlich zu seinem Amtsantritt in knapp 70 Tagen berufen will. Zwar hatten die Vereinigten Staaten schon immer Beauftragte für Informationstechnik und Innovation, doch waren diese Aufgaben stets über einzelne Ministerien und das Büro des Präsidenten verteilt. Die Stelle eines "CTO", wie die Kurzbezeichnung des Jobs in Anlehnung an den Sprachgebrauch in Technologiefirmen und Internet-Start-ups lautet, ist hingegen brandneu und verspricht erstmals eine zentrale Koordinierung.

Die amerikanische IT-Branche lechzt schon lange nach einem solchen Beamten. Die USA, die in vielen Bereichen als führend in Sachen Einführung moderner Technologien gilt, hat insbesondere im Regierungssektor einen enormen Nachholbedarf. Die Vernetzung zwischen einzelnen Abteilungen gilt in Justiz und Exekutive als mangelhaft, außerdem stets es eher schlecht um die Absicherung der Infrastruktur. So soll erst kürzlich das Weiße Haus zumindest teilweise erfolgreich von chinesischen Hackern heimgesucht worden sein und auch die Wahlkampagnen von Obama selbst und seinem ehemaligen Herausforderer John McCain hatten IT-Einbrüche zu beklagen.

Die Einrichtung des Postens eines zentralen CTO passt zur Agenda des neuen Präsidenten. Der hatte seine Wahl auch deshalb so überzeugend gewonnen, weil er das Internet meisterlich zur Organisation seiner Unterstützer und zur Einwerbung kleiner Wahlspenden von Millionen von Bürgern verwendete. Und auch nach dem Sieg setzt Obama auf Technologie: Auf der Website "Change.gov" kommuniziert er zentral den Wechsel im Weißen Haus und lässt sich schon mal erste Vorschläge der Bürger schicken, was er am besten als erstes angeht, wenn er Bush im Januar endgültig ablöst. Einen YouTube-Videokanal gleichen Namens ließ der künftige Präsident ebenfalls einrichten.

Die Liste der Anwärter auf den neuen CTO-Job liest sich wie ein "Who is Who" der amerikanischen Technologieszene. Vorne weg genannt wurde Google-Boss Eric Schmidt, der sich im Wahlkampf kurz vor dem Urnengang in einem Werbespot als Obama-Freund geoutet hatte. Inzwischen gab der allerdings bekannt, dass er lieber doch beim führenden Internet-Konzern bleiben wolle, was Netzbürgerrechtler aufatmen ließ, muss der Suchmaschinenriese doch regelmäßig Kritik wegen seiner Rolle als große Datenkrake einstecken.

Zu den weiteren möglichen Kandidaten zählen Bill Joy, Begründer des IT-Konzerns Sun Microsystems und als Robotervisionär bekannt, Ed Felten, Professor an der Princeton University und Experte für offene Technologie, Vint Cerf, Miterfinder des Internet-Protokolls sowie Donald Gips von Telekommunikationskonzern Level 3. Unter der Hand wurden außerdem Steve Ballmer, Chef von Microsoft, sowie Jeff Bezos, Gründer und CEO des E-Commerce-Riesen Amazon als mögliche "Dark Horses", also Außenseiterkandidaten genannt, die eine gute Chance auf den Job hätten.

Wer auch immer "America's CTO" wird, leicht wird er es nicht haben. Mitch Kapor, einer der bekanntesten amerikanischen Software- Entwickler und bei der Obama-Kampagne für die Vorauswahl möglicher Kandidaten betraut, meinte im Spätsommer, dass der Job möglicherweise recht undankbar sei. So könne sich schnell Widerstand in den Behörden bilden, sollte der CTO zu viel Macht haben. "Ihn mit formaler Kommandogewalt über andere Gremien und Behörden auszustatten, hätte meiner Ansicht nach ein hohes Risiko, dass es daneben geht", sagte Kapor dem Technologiemagazin "Technology Review".

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