Grüne gegen Mehdorn: Gebrochene ICE-Achse

Die Materialprüfer des Bundes gehen von einem Achsbruch auf offener Strecke aus. Grüne werfen Bahnchef Mehdorn Versäumnisse beim Prüfen wegen des geplanten Börsengangs vor.

Die Grünen glauben, Mehdorn habe wegen des geplanten Börsengangs der Bahn die Kontrollen versäumt. Bild: dpa

BERLIN taz Die Achse des Kölner Unglücks-ICE ist bereits während der Anfahrt des Zuges aus Frankfurt geborsten. Das geht aus dem Zwischenbericht der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) hervor, der bereits seit September vorliegt, aber erst jetzt bekannt wurde. Spätestens bei der letzten Beschleunigung sei der Wellenbruch erfolgt, stellen die Gutachter fest. Eine genaue Ursache für den Schaden können die Experten noch nicht nennen. Derzeit untersucht das Amt eine Vergleichsachse, um dem Grund für die Entgleisung auf die Spur zu kommen. Der Zug war kurz nach der Ausfahrt aus dem Kölner Bahnhof im Juli entgleist.

Bereits Ende September stellte die BAM einem kleinen Kreis die ersten Ergebnisse der Analyse vor. Dazu gehörten neben der Bahn das Eisenbahnbundesamt (EBA) und die Staatsanwaltschaft Köln, die bei der Spurensuche die Fäden in der Hand hält. Unter Verweis auf deren Zuständigkeit wollen sich weder der Konzern noch die Kontrollbehörde zum Zwischenbericht äußern. Die Kölner Ermittler warten auf den Endbericht, für den noch weitere Untersuchungen erfolgen sollen.

Die Materialprüfer vermuten einen Ermüdungsbruch. Ein kleiner Riss, der nicht entdeckt wurde, führte danach letztlich zum "Restgewaltbruch", wie es im Zwischenbericht heißt. Unter anderem könnten Materialfehler dazu geführt haben. Die Prüfer haben Einschlüsse gefunden, die größer sind als erlaubt. Entdeckt wurde der vorzeitige Verschleiß nicht einmal bei der letzten Sichtprüfung der Achsen zwei Tage vor dem Unfall. Mittlerweile sind zwei weitere Achsen mit Rissen gefunden worden. Der ICE-Verkehr bleibt noch einige Zeit beeinträchtigt, weil die Untersuchungsintervalle deutlich reduziert wurden. "Sicherheit ist das oberste Gebot", betont Bahnchef Hartmut Mehdorn. So müssen die Hochgeschwindigkeitszüge alle 30.000 Kilometer zum Check in die Werkstatt, zehnmal so häufig wie vor dem Unglück.

Die bereits bekannten Fakten lassen bei manchen Kritikern einen schweren Verdacht aufkommen. Der Konzern habe von den fachlichen Diskussionen um die Haltbarkeit des Materials gewusst und trotzdem die Prüfintervalle ausgeweitet, wirft der Grüne Verkehrsexperte Winfried Hermann dem Vorstand vor. "Die Bahn hat angesichts des Börsengangs das Maximale herausgeholt", vermutet der Bundestagsabgeordnete. Alles, was dabei störte, sei weggefegt worden. In der Bahnzentrale wird dieser Vorwurf scharf zurückgewiesen, der Bahvorstand wartet erst einmal den weiteren Verlauf der Untersuchungen ab.

Derweil treibt Mehdorn das Projekt Teilprivatisierung erneut voran. Der Börsengang wurde zwar abgesagt, weil die Finanzmarktkrise keinen ordentlichen Erlös ermöglicht. Doch nun zückt Mehdorn Plan B. Bei einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel will der Bahnchef der Regierung einen außerbörslichen Anteilsverkauf schmackhaft machen. Wenige private Großanleger sollen bei der Transport- und Logistiksparte des Konzerns einsteigen. Dafür kämen beispielsweise ausländische Staatsfonds in Betracht.

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