Alles nur Vermarktung: Reich-Ranicki macht Werbung

Mit seinem zornigen Ausbruch beim Deutschen Fernsehpreis plädierte Reich-Ranicki für Qualitätsfernsehen. Diesen Auftritt nutzen Telekom und Ryanair jetzt für ihre Werbung.

"Diesen Preis nehme ich an." Preisfrage: Wo ist der Fehler? Bild: dpa

HAMBURG dpa/taz Der von Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki verursachte Eklat beim Deutschen Fernsehpreis hat die Werbebranche inspiriert. In mehreren Zeitungen erschien am Wochenende eine Anzeige der Deutschen Telekom für ihr IPTV-Angebot mit dem Bild des 88jährigen am Rednerpult und dem Slogan: "Bei uns findet jeder ein Fernsehprogramm, das ihm gefällt."

Im Falle Reich-Ranickis wäre das wohl ausschließlich der Sender Arte, denn "sogar auf 3Sat kommen mittlerweile meist schwache Sachen", so wütete der Kritiker noch bei der Preisverleihung. Die Wogen scheinen sich geglättet zu haben - und via IPTV kann Reich-Ranicki dann ja auch den ganzen Tag Arte schauen. Die Qual der Wahl haben dann andere.

Auch der Fließtext der Anzeige bezieht sich auf die Kritik von Reich-Ranicki. Dort heißt es: "Aus gegebenem Anlass möchten wir noch darauf hinweisen, dass jedes Entertain-Paket über einen HD-fähigen Festplattenrekorder verfügt, mit dem Sie Sendungen speichern und ansehen können, wann Sie wollen. Nur falls Sie zwischendurch mal ein Buch lesen möchten."

Während diese Anzeige mit dem Literaturkritiker abgesprochen war, wusste Reich-Ranicki nach eigenen Angaben nichts von einem weiteren Inserat mit seinem Konterfei. Am Montag druckte die Hamburger Morgenpost eine Anzeige des Billigfliegers Ryanair mit einem ähnlichen Bildausschnitt, auf dem Reich-Ranicki ebenfalls mit erhobenem Zeigefinger zu sehen ist. Der Text, in dem die Airline auf ihre günstigen Flugpreise hinweist: "Diesen Preis nehme ich an". Auf diese Werbung reagierte Reich-Ranicki am Montag mit den Worten: "Es ist alles großer Quatsch" und: "Ich kümmere mich nicht darum." Anschließend fügte er jedoch hinzu: "Ich bring das schon in Ordnung."

Werbung mit Prominenten ohne deren Wissen oder Zustimmung hat es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben. So warb der Autovermieter Sixt nach dem überraschenden Rücktritt von Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine im Frühjahr 1999 mit den Fotos von 16 Regierungsmitgliedern; Lafontaines Bild war durchgestrichen. Der Text lautete: "Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit." Dieselbe Firma warb 2001 mit einem Foto der CDU- Vorsitzenden Angela Merkel mit Sturmfrisur in einem Cabrio. Während Lafontaine - letzten Endes erfolglos - gegen die Veröffentlichung klagte, nahm Merkel die Anzeige mit Humor und empfahl die Überweisung des Fotohonorars an eine gemeinnützige Organisation.

Reich-Ranicki hatte am 11. Oktober den Ehrenpreis für sein Lebenswerk während der Fernsehpreis-Gala in Köln empört abgelehnt, weil er mit der Veranstaltung selbst und der Qualität des Fernsehens im allgemeinen nicht zufrieden war. Gegen ein saftiges Honorar ist augenscheinlich -leider- auch ein Reich-Ranicki nicht gefeit.

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