Knuts toter Papa in den Schlagzeilen: Weltweit unentbärlich

Der Tod von Eisbär-Knut-Pfleger Thomas Dörflein macht international Schlagzeilen. Die sind von Land zu Land allerdings sehr verschieden. Eine Presseschau.

Eisbär Knut und Pfleger Dörflein beim Schäkern und Schmusen. Bild: dpa

Als Pflegevater von Eisbär Knut hatte er wäschekörbeweise Heiratsanträge bekommen. In dieser Woche berichtet fast jede Zeitung dieses Planeten über seinen Tod. Thomas Dörflein und seine Bindung zu dem Bären fasziniert die Menschen. Ob Boulevard oder seriöse Zeitung, ob Australien, Spanien oder Indien - jeder würdigt den Tierpfleger mit einem Nachruf.

Die Meldungen rangieren zwischen nüchternen Lehrbuchschlagzeilen und reißerischen Titelphrasen. "Unbearable" ist von der britischen The Sun und "Knut bleibt ohne ,mamá adoptiva' " von der spanischen El País. Sachlich-nüchtern äußert sich die New York Times mit "Germany: Baby Polar Bears Feeder Dies", während der Guardian tränenreich "Die tragische Geschichte von der Eisbärberühmtheit und ihrem Pfleger" erzählt.

In Deutschland hat die Todesmeldung nahezu Breaking-News-Charakter. Zunächst überwiegen natürlich die Spekulationen über Dörfleins Todesursache. Als die feststeht, titelt gestern das Berliner Boulevard-Blatt B.Z. pathetisch: "Ein Infarkt brach Dörfleins Bärenherz". Die Bild-Zeitung ruft Dörflein in einem Nachruf gar als "Frauenliebling" aus und geht der Frage nach: "Was machte ihn so sexy?". Schließlich hätten nicht alle Besucher an Knuts Gehege nur Augen für den Eisbären gehabt - sondern auch für Pfleger Dörflein.

Noch kuriosere Züge nimmt die Berichterstattung bei der Indian Times an. Die Nachricht über Dörfleins Tod erscheint hier unter der Rubrik "Flora und Fauna". Die Redaktion konnte sich offensichtlich nicht dazu entschließen, über den Tod eines Pflegers, auch wenn es ein Bärenpfleger war, unter "World News" zu berichten.

Jetzt kursieren weltweit die Gerüchte, wie es mit Eisbär Knut weitergehen mag. Herr Dörflein, in den ausländischen Medien fast ausschließlich als "Doerflein" bezeichnet, würde dem Eisbären Knut schon jetzt fehlen. Das behauptet zumindest The Sun. "Es gab keinen Trost für die geplagte Kreatur", wie sie schreibt. Obwohl trauernde Zoobesucher Blumen an Knuts Gehege ablegten, scheint ihm das nicht weitergeholfen zu haben.

Warum sich die Presse jetzt wieder geschlossen und weltweit auf Knut und seinen Pfleger stürzt, liegt wohl am ungebrochenen Verlangen nach Harmonie. Zwar ist der Tod eines Menschen kein erhellendes Thema, doch viele Artikelschreiber nutzen den Anlass, um Knuts Leben noch einmal in aller Breite darzustellen. Unverhehlte Sensationslust ist auch dabei, denn wer erwartete schon den Tod Dörfleins mit 44 Jahren? Dazu kommen Fotos der beiden en masse: Tiere gehen eben immer - nicht nur in Deutschland.

Auffallend bilderlos und verschwiegen geben sich dagegen die Onlineportale der Zeitungen Lateinamerikas. Weder der chilenische El Mercurio noch El Argentino aus Argentinien noch der mexikanische El Universal widmen Dörflein eine einzige Zeile. Dafür kann man sich beim Onlineauftritt der FAZ gleich ein ganzes Video mit Pfleger und Bär anschauen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.