Markenzensur bei Olympia: Ohne Logo? Na logo

Auf dem Olympiagelände werden sämtliche Herstellerlogos gnadenlos mit Klebeband verdeckt, die nicht zu den offiziellen Sponsoren der Spiele zählen.

Puh, Glück gehabt: schon mal ein Logo weniger zum Abkleben. Bild: dpa

Etwa 40 Prozent der Kosten der Olympische Spiele, die vom IOC getragen werden müssen, werden durch Sponsoring gedeckt. Der Rest, einschließlich eines ansehnlichen Gewinns, finanziert sich durch Übertragungsrechte, den Ticketverkauf und die Vergabe von Lizenzrechten. Allein die zwölf Hauptsponsoren von Peking haben 866 Millionen US-Dollar gezahlt - der größte Betrag bei Olympischen Spielen bisher. In Athen waren es nur 250 Millionen von allen Sponsoren insgesamt.

Coca-Cola, McDonalds und Visa haben sich als weltweite Sponsoren eingekauft, während etwa die deutschen Konzerne Volkswagen und Adidas für ihre jeweils 50 bis 100 Millionen Dollar Einsatz nur chinaweit als offizielle Sponsoren auftreten dürfen. So müssen zum Beispiel die deutschen Internetseiten der Unternehmen frei bleiben von jedem Olympiahinweis, während die chinesischen Versionen mit den Ringen aufmachen.

Die strengen Sponsoren-Regelungen zu unterlaufen gelang Li Ning, Chinas Olympiastar von 1984 und Gründer des größten chinesischen Sportartikelherstellers Li Ning Company Limited. Bei der Eröffnungsfeier durfte er jetzt das olympische Feuer entzünden, worauf die Aktienkurse des Unternehmens und der Bekanntheitsgrad seines Konzerns einen Sprung machten. Adidas hatte dafür Millionen hinblättern müssen.

Mit ähnlichen Mitteln, jedoch weniger erfolgreich, versuchte sich die Bank ING-Diba an den Werbeeffekt der Spiele anzuhängen. Zwar wirbt die Bank außerhalb der Olympiade mit dem deutschen Basketballstar und Fahnenträger Dirk Nowitzki, während der Spiele ist das aber nicht erlaubt. So war dem Deutschen Olympischen Sportbund als Hüter der Rechte ein Plakat, auf dem Nowitzki mit deutscher Flagge und dem Claim "Schwarz, Rot …und ganz viel Gold" zu sehen ist, der Olympiabezug zu groß. Die Kampagne musste eingestampft werden. JULIANE WIEDEMEIER

Wer hat die Rolltreppen im neuen Pekinger Olympiastadion geliefert? Von welcher Firma stammen die Urinale in den Toiletten des Stadions? Von wem sind die Kühlschränke im Olympischen Dorf? Das ist nicht leicht zu erraten, es sei denn, man pult am Klebeband, das die Namen von ThyssenKrupp an den Rolltreppen, American Standard an den Urinalen und Panasonic/Matsushita an den Kühlschränken unkenntlich macht. Reißt das Klebeband dann ab und zeigt den Namen der Hersteller, wird es noch am gleichen Tag wieder mit neuem Band ersetzt. "Wir haben hier Arbeiter, die jeden Tag kontrollieren, ob die Klebebänder nicht abgepult wurden", erklärte ein chinesischer Angestellter im Olympischen Pressezentrum dem Wall Street Journal.

Die Klebeband-Aktion soll zeigen, wie sehr sich die Veranstalter der um ihre Sponsoren kümmern. Denn die haben Millionen an das Internationale Olympische Komitee (IOC) oder das Pekinger Organisationskomitee der Spiele (Bocog) gezahlt, damit nur ihr Firmenname im Zusammenhang mit Olympia auftaucht. Man darf etwa keine Pepsi-Cola-Dose mit auf das olympische Gelände nehmen. Nicht weil es gegen Dosen Sicherheitsbedenken gibt, sondern weil Coca-Cola offizieller Sponsor ist und zur Bedingung gemacht hat, dass bei Olympia nur Getränke des Cola-Konzerns aus Atlanta erlaubt sind.

Solche Regelungen machen andere Firmen erfinderisch. Den Versuch, Werbung zu betreiben, ohne Sponsorengelder zahlen zu müssen, nennt man "Ambush-Marketing, etwas Werbung aus dem Hinterhalt. Dazu sagt Bocog-Marketing-Direktor Chen Feng: "Ambush-Marketing ist der Versuch von Firmen, die keine offiziellen Olympia-Sponsoren sind, ihre Produkte mit dem Ereignis zu assoziieren, sodass sie von dem Zusammenhang profitieren, ohne sich dafür das Recht erworben zu haben." Natürlich kündigte er harte Strafmaßnahmen gegen Vergehen an. Bocog hat bereits 700 Firmen wegen versuchten Ambush-Marketings bei der Polizei angezeigt.

Die Sünder heißen natürlich nicht ThyssenKrupp oder Matsushita. Und sie sind schwer zu überführen. Zum Beispiel Mengniu. Das bekannte chinesische Molkereiunternehmen aus der Inneren Mongolei war im Streit um die nationale Olympia-Sponsorenschaft von Bocog zunächst der Unterlegene. Die gewann nämlich das Konkurrenzunternehmen Yili. Doch Mengniu gab nicht auf. Während des olympischen Fackellaufs durch insgesamt 113 chinesische Städte organisierte Mengniu in ebenfalls 113 chinesischen Städten (die manchmal, aber nicht immer die gleichen waren) öffentliche Sportspiele unter dem Slogan "Alle machen Sport - Olympia begleiten". Die Aktion war so erfolgreich, dass laut Marktforschungsunternehmen Ipsos heute 28,9 Prozent der Chinesen glauben, Mengniu sei einer der offiziellen Olympia-Sponsoren. "Wir haben Olympia verloren, aber nicht den Markt", frohlockte Mengniu-Chef Niu Gensheng.

Auch der chinesische Bierproduzent Snow Beer wollte sich von den Sponsoren nicht abschütteln lassen. Die drucken nun alle "Kooperationspartner von Bocog" auf ihre Dosen, bei Snow steht jetzt: "Kooperationspartner von Bierliebhabern". Das erweckt den Eindruck, es habe etwas mit Olympia zu tun. Ähnlich versucht es der Strumpfhersteller Langsha. Statt den geschützten olympischen Slogan "schneller, höher, stärker" wirbt das Unternehmen mit der Parole "vollkommener, besser, bequemer". Im Chinesischen klingen beide zum Verwechseln ähnlich. Dennoch: Strafmaßnahmen gegen Langsha, Snow Beer und Mengniu gibt es nicht. Dafür erwischte es den südchinesischen Autohersteller Jinlong: Der hatte Plakate mit der olympischen Fackel und seinen Autos etwas fadenscheinig als gemeinnützige Werbung erklärt. Die Plakate wurden sofort von den Behörden entfernt.

Dabei geht es nicht nur um den Schutz der Sponsoren, sondern auch um Chinas oft bezweifelte Glaubwürdigkeit beim Schutz geistigen Eigentums. "Chinas historisch milder Umgang mit Urheberrechten und Warenschutz lässt zweifeln, ob China die Bedrohung des Ambush-Marketing während der Spiele in den Griff bekommt", schrieben die chinesisch-amerikanischen Patentanwälte, Edward Lehman und Michael Schnurr, vor den Spielen. Zumindest die Angestellten mit Klebeband im Olympiastadion erhörten ihre Warnung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.