Deutschtürkisches Debüt im DFB-Team: Löw stellt Serdar Tasci auf

Der 21-jährige Verteidiger vom VfB Stuttgart trägt im Testspiel gegen Belgien erstmals das deutsche Trikot. Ein Zeichen dafür, dass die Nationalelf kein Eingeborenenclub mehr ist.

Außerhalb des Platzes "anständig, pflegeleicht und bodenständig", im Spiel aber "aggressiv und im positiven Sinne böse": VfB-Trainer Armin Veh über Tasci. Bild: rtr

So ganz neu ist der - neben Ersatztorhüter Tim Wiese - einzige Neue im Aufgebot für das heutige Testspiel des deutschen Fußballteams gegen Belgien nicht. Vor einem Jahr saß Serdar Tasci einmal auf der Bank, drei weitere Male wurde er berufen, musste jedoch stets verletzungsbedingt absagen. Heute könnte der 21-jährige Verteidiger vom VfB Stuttgart zu seinem Debüt kommen. Seine Klasse bewies er vor allem in der vorletzten Saison, als er mit 19 Jahren Stammspieler wurde und zur starken Defensive des Stuttgarter Meisterteams gehörte. Als außerhalb des Platzes "anständig, pflegeleicht und bodenständig", im Spiel aber "aggressiv und im positiven Sinne böse" beschreibt ihn VfB-Trainer Armin Veh.

Bisher verzeichnet die Statistik mit Mustafa Dogan nur einen Deutschtürken in der A-Auswahl. Der wurde aber nur zweimal eingewechselt, darunter im Oktober 1999 in der letzten Minute eines Spiels gegen die Türkei. Ein "Alibieinsatz", schimpft Metin Tekin noch heute. Er leitet das etwa zur Zeit von Dogans Gastspiel gegründete Europabüro des türkischen Fußballverbands, dem es mühelos gelang, die Bastürks und Altintops für Türkiye zu gewinnen. Und wer wollte, konnte am Fehlen türkischstämmiger Spieler im DFB-Team ablesen, wie es um die Integration bestellt war: nicht gut.

Inzwischen hat sich einiges geändert. Beim DFB, wo Theo Zwanziger nach dem Abgang von Gerhard Mayer-Vorfelder das Thema zur Chefsache erklärte, ebenso wie bei den jungen Deutschtürken. Die neue Generation, zu der neben Tasci der Bremer Mesut Özil oder der für Galatasaray spielende Ex-Essener Baris Özbek gehören, pflegt ein pragmatischeres Verhältnis zu dieser Frage und vertraut darauf, dass die Nationalelf kein Eingeborenenclub mehr ist. "Der DFB hat als Erster gefragt. Und da ich in Deutschland geboren und aufgewachsen bin, empfinde ich es nicht als so außergewöhnlich, für das DFB-Team zu spielen", sagt der in Esslingen geborene Tasci. "Wir Fußballer können ein positives Beispiel dafür sein, dass Integration funktioniert." Freunde und Familie hätten keinen Druck auf ihn ausgeübt. Anfeindungen muss er dennoch aushalten. Im Gästebuch seiner Website findet sich Zuspruch, aber auch Kritik: "Die Deutschen werden dich nie akzeptieren", heißt es da zum Beispiel. Und in anderen Foren kann man Tiraden über den "Vaterlandsverräter" lesen.

Bis zu seiner Adduktorenverletzung im Mai bemühte sich der türkische Verband intensiv um Tasci. "Sonst hätte ich mir die Sache schon zweimal überlegt", gesteht er. Jetzt liegt es an Bundestrainer Löw, Tasci zu bringen und sich dessen Dienste zu sichern. Auf dem Platz und außerhalb.

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