Datenschützer prangern Call-Center an: Daten aller Bürger im Adresshandel

Die Adressen der ganzen Bevölkerung befinden sich für Verkaufszwecke im Umlauf, warnen Datenschützer. Wegen Betrugverdachts wird nun gegen das Glückspiel-Unternehmen LottoTeam ermittelt.

Call-Center müssen sich wegen Adresshandels zunehmend die Kritik der Datenschützer gefallen lassen. Bild: dpa

MÜNCHEN/BERLIN dpa/rtr In Deutschland sind nach Einschätzung von Datenschützern die Adressen von allen Bundesbürgern für Marketing- und Verkaufszwecke im Umlauf. Zugleich vagabundierten derzeit illegal etwa 10 bis 20 Millionen Kontodaten, sagte der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, der Süddeutschen Zeitung. Die Daten würden insbesondere von Call-Centern zunehmend für dubiose Geschäftspraktiken genutzt.

Die Informationen würden zum Beispiel bei Glücksspielen und Preissauschreiben abgeschöpft, aber auch bei Verkaufsbörsen im Internet. Für Weichert stehen die Behörden bei der Aufdeckung des Datenmissbrauchs erst am Anfang. "Wir sehen jetzt immer mehr von der Spitze des Eisbergs", sagte der Landesdatenschützer. Der Branchenverband Bitkom forderte eine schnelle Aufklärung. Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder sagte der Berliner Zeitung, höhere Strafen und Bußgelder könnten durchaus sinnvoll sein, auch wenn Deutschland jetzt schon beim Schutz von Kundendaten die "strengsten Regeln der Welt" habe.

Die Staatsanwaltschaft Köln bestätigte nach Informationen der Süddeutschen Zeitung, dass aufgrund von Strafanzeigen gegen die in Dortmund und Köln ansässige Firma LottoTeam ermittelt wird. Das Glückspiel-Unternehmen soll aufgrund fingierter Verträge aus Call-Centern die Konten von Verbrauchern geplündert haben. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, es sei ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts eingeleitet worden

Für den innenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, ist der Datenmissbrauch vor allem ein Problem der Privatwirtschaft. "Big Brother lauert eher in der Privatwirtschaft als bei Vater Staat", sagte er der Passauer Neuen Presse. "Der Staat ist sauber, Teile der Privatwirtschaft leider überhaupt nicht." Es gebe akuten Handlungsbedarf. "Der Stellenwert des Datenschutzes muss deutlich vergrößert werden. Wenn nötig, wird es auch gesetzliche Änderungen geben."

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