Olympische Sponsoren: Die Spiele sollen es bringen

Was wollen die Sponsoren? Lenovo will sich bei den Olympischen Spielen als globale Marke etablieren, VW will sich in China neu aufstellen.

Mit Coca-Cola unter den Topsponsoren: Der chinesische Konzern Lenovo. Bild: reuters

PEKING taz "Mein Ziel ist, dass mein Name während der Olympischen Spiele keine Schlagzeilen macht", sagt Xie Leon. "Denn das hieße, dass etwas nicht funktioniert." Xie ist der Olympia-Projektleiter von Chinas größtem Computerhersteller Lenovo, dem einzigen chinesischen unter den zwölf Topsponsoren der Pekinger Spiele. Xi ist dafür verantwortlich, dass die für die Spiele bereitgestellten Computer und Server reibungslos funktionieren.

Bei Olympischen Spielen gibt es verschiedene Kategorien von Sponsoren. Nur die zwölf sogenannten Topsponsoren dürfen weltweit exklusiv mit den fünf Ringen werben. Dazu zählen Coca-Cola, McDonalds, Kodak, Samsung und als einziger chinesischer Konzern Lenovo. Daneben gibt es jetzt drei verschiedene Typen von Sponsoren im Veranstalterland: Die elf Peking-Partner (sieben chinesische Konzerne sowie unter anderen Adidas und Volkswagen), die zehn Peking-Sponsoren (unter anderen acht chinesische Konzerne) und die Peking-Ausstatter, Letzterer in exklusiver (15, darunter die Deutsche Bahn-Tochter Schenker) und in schlicht offizieller Form (ebenfalls 15). Hinzu kommen die Sponsoren der nationalen olympischen Komitees der knapp 200 Teilnehmerländer und ihrer jeweiligen Nationalmannschaften.

Bis 1984 vergaben die lokalen Veranstalter der Spiele die Lizenzen an Sponsoren in Eigenregie. Seit 1985 vermarket das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Spiele selbst. Damals nahm das IOC für die Winterspiele 1988 in Calgary und die Sommerspiele in Seoul im gleichen Jahr von den neun Topsponsoren insgesamt 96 Millionen Dollar ein. Für den jetzigen Zeitraum 2005 bis 2008 zahlten die zwölf Topkonzerne 866 Millionen Dollar, ein Plus von 50 Prozent gegenüber der vorherigen Olympiade.

Die zehn Peking-Sponsoren zahlen etwa eine weitere Milliarde Dollar. HAN

Diese stammen alle vom gleichen Sponsor: Lenovo. 30.000 Geräte, davon 24.000 PCs, 2.000 Drucker und 800 Notebooks, stellt der Konzern zur Verfügung und Xie soll mit knapp 600 Ingenieuren und Technikern den reibungslosen Einsatz gewährleisten.

Beim Gespräch mit deutschen Journalisten am chinesischen Hauptsitz des Konzerns im Norden Pekings gibt sich Xi vor den Spielen optimistisch. Schließlich habe Lenovo schon bei den Winterspielen in Turin 2006 Erfahrungen sammeln können.

Als Topsponsor der Pekinger Spiele stellt sich der Computerhersteller auf eine Ebene mit Weltmarken wie McDonalds oder Panasonic und will sich ein Image als globaler Konzern schaffen. Schließlich waren die Spiele von Tokio 1964 für Sony und 1988 in Seoul für Samsung ein wichtiger Meilenstein. Weshalb soll Beijing 2008 nicht das Gleiche für Lenovo bedeuten? "Die Spiele sollen Lenovo in aller Welt als Marke etablieren", erklärt die stellvertretende Marketing-Chefin Alice Li. Und in China solle Lenovo als international erfolgreicher Konzern wahrgenommen werden. Olympia sei ideal für dieses Branding.

Der Konzern, der bereits innerhalb Chinas als Sportförderer auftritt, sponsert auch die US-Basketballliga NBA und das Williams-Formel-1-Team und strebt ein jung-dynamisches Image an. Nicht zuletzt wegen der persönlichen Vorliebe seines 44-jährigen Präsidenten Yang Yuanqing setzt Lenovo auf Sport. Das Unternehmen unterstützt auch Einzelsportler wie die beiden deutschen Olympia-Schwimmer Britta Steffen und Markus Deibler.

"Unsere Art, unsere Marke zu etablieren, ist es, unsere Produkte zu zeigen", sagt Alice Li. Die Kosten des Olympiasponsorings will sie nicht nennen. Branchenkenner schätzen sie auf 70 bis 80 Millionen Dollar für den Zeitraum von 2004 bis 2008. Dafür hat Lenovo das Recht, weltweit seinen Namen mit den fünf Ringen zu versehen. "Wir wollen eine emotionale Verbindung zwischen den Spielen und der Marke Lenovo herstellen", führt Li weiter aus. Bisher sorgte Lenovo erst einmal durch eine Übernahme für weltweite Schlagzeilen. Ende 2004 kündigten die Chinesen an, die PC-Sparte von IBM zu übernehmen - immerhin dem Erfinder des Personal Computers. Der Deal im Umfang von 1,25 Milliarden US-Dollar wurde 2005 vollzogen und war die bis dahin größte Auslandsübernahme eines chinesischen Unternehmens. Die amerikanische Öffentlichkeit erschrak. Es war das erste Mal, dass ein junges, unbekanntes chinesisches Unternehmen nach einer amerikanischen Traditionsmarke griff. Umgekehrt sind die Chinesen seitdem stolz auf Lenovo.

Der Name Lenovo tauchte überhaupt erstmals 2003 auf. Bis dahin hieß die 1984 an der chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften in Peking mit 25.000 Dollar staatlichem Kapital gegründete Firma noch Legend. Der neue Name - aus Legend und novo ("neu") zusammengesetzt - sollte die neue Ära symbolisieren und steht wie das Firmenmotto "New World, New Thinking. Lenovo" für den globalen Aufstieg des Konzerns und seiner Heimat.

Heute hat das Unternehmen 23.500 Beschäftigte und machte 2007 einen Umsatz von 14,6 Milliarden US-Dollar, 40 Prozent davon im Großraum China. Im zweiten Quartal 2008 stieg der Gesamtumsatz um 10,5 Prozent, in China gar um 22 Prozent. Auch in Europa, dem Nahen Osten und Afrika konnte er deutlich zulegen. In den USA hingegen ging er um 4,8 Prozent zurück. Lenovo ist heute hinter HP, Dell und Acer der viertgrößte PC-Hersteller der Welt. Der Hauptsitz wurde nach der Übernahme der PC-Sparte von IBM von Peking an deren Sitz Raleigh im US-Bundesstaat North Carolina verlegt. Dies und die Tatsache, dass fünf der zwölf Lenovo-Vorstandsmitglieder US-Amerikaner sind, sollen den Konzern verwestlichen und zugleich seine chinesischen Wurzeln und Eigentümer in der globalen Wahrnehmung in den Hintergrund drängen.

Doch Lenovo steht immer noch unter dem Einfluss des chinesischen Staates. Den größten Anteil von 42 Prozent der Aktien hält die Legend-Holding. Die gehört zu immerhin zwei Dritteln der staatlichen Akademie der Sozialwissenschaften, so dass die Regierung in Peking letztlich die Kontrolle hat. Lenovo-Manager machen keinen Hehl daraus, dass von ihnen die Unterstützung der Spiele erwartet wurde.

Als erster Olympia-Sponsor überhaupt hat Lenovo die aktuelle olympische Fackel konstruiert. Der Konzern setzte sich dabei gegen 300 Konkurrenten durch. Somit wirbt auch die Fackel für den Konzern, der selbst zu den Sponsoren des Fackellaufs zählt.

Das Risiko, dass Lenovos Olympiawerbung weniger mit Sport als vielmehr mit Chinas Politik in Verbindung gebracht wird und dies im Westen zu einem Imageproblem statt einem positiven PR-Effekt führen könnte, mag Marketingvizechefin Li nicht sehen. Auf Fragen nach den Auswirkungen der Proteste beim Fackellauf und des Drucks von Menschenrechtsgruppen auf den Konzern wird sie einsilbig. Die Frage, wie sie persönlich Proteste im Zusammenhang mit den Spielen empfinde, will sie gar nicht beantworten. Vielmehr schaut sie zu ihrem PR-Berater einer renommierten amerikanischen Agentur, der hinter den fragenden Journalisten steht und mit dem Daumen nach unten zeigt. Später räumt er im persönlichen Gespräch ein, sein Job sei, dafür zu sorgen, dass Fragen nach Verbindungen zwischen Sponsoring und Politik nicht beantwortet werden.

Mit genau diesen Fragen tut sich auch der Wolfsburger Volkswagen-Konzern schwer. Auch VW erhofft sich von den Pekinger Spielen einen großen Werbeeffekt. Doch die Strategie ist eine völlig andere. Volkswagen tritt international nicht als Olympiasponsor in Erscheinung, sondern konzentriert sich mit seiner Olympia-Kampagne ganz auf China, das 2008 zu ihrem weltweit größten Markt werden dürfte. Schließlich will VW dort jetzt erstmals mehr als eine Million Autos verkaufen - und damit mehr als in Deutschland. 2007 waren es in China noch 910.000 gewesen. Der Autokonzern, der in China Marktführer ist, produziert dort seit 1984. 35.000 Mitarbeiter arbeiten in sieben Werken, Hauptstandorte sind Shanghai und Changchun. Volkswagen ist offizieller Automobilpartner der Pekinger Spiele und befördert VIPs, Sportler und Funktionäre mit rund 5.000 Fahrzeugen der Marken VW, Audi und Skoda zu Veranstaltungen und Wettkämpfen. Zudem unterstützt VW Chinas Nationales Olympisches Komitee und die Olympiamannschaft. Zuvor wurde auch der landesweite Fackellauf mit 1.000 Fahrzeugen samt Fahrern unterstützt. Angaben über den finanziellen Umfang des Sponsorings macht VW nicht, sie dürften ähnlich hoch sein wie bei Lenovo.

Versuche deutscher Tibet-Aktivisten, den Konzern nach der Niederschlagung der tibetischen Revolte im März zur Rücknahme seiner Unterstützung des Fackellaufs durch Tibet zu drängen, konnte dieser ohne großen Imageverlust in Deutschland vereiteln. Denn VW wird hierzulande kaum mit den Spielen assoziiert. Auf die Kritik angesprochen sagt der Chef von VW-China, Winfried Vahland, nur: "Ich stehe zu Olympia." Ein Rückzug vom Sponsoring sei auch deshalb kaum möglich, weil dies nur im Einklang mit den chinesischen Joint-Venture-Partnern machbar sei. Vahland sagt es nicht, doch ein Rückzug hätte innerhalb Chinas wohl zu einem größeren Imageschaden geführt, als in Deutschland wegen der Tibetkrise zu fürchten war.

Das Olympia-Sponsoring von VW hat laut zuständigem Marketingdirektor Pan Qing mehrere Ziele. So diene es neben dem Werbeeffekt in China auch der Restrukturierung des Geschäftes vor Ort. VWs Marktanteil war nach Chinas WTO-Beitritt 2001 und der damit einhergehenden Marktöffnung schneller und tiefer gesunken, als die Wolfsburger erwartet hatten. "Die Pekinger Spiele bieten Werbemöglichkeiten wie zehn Fußballweltmeisterschaften", sagt Pan.

Zweifel am olympischen Sponsoringgeschäft lassen weder VW noch Lenovo erkennen, zumindest werden sie nicht eingeräumt. Lenovo-Chef Yang Yuangqing sagte kürzlich, der Konzern hätte seine Ziele erreicht und sei international bekannter geworden. Die IOC-Partnerschaft sei strategisch ebenso richtig gewesen wie die Übernahme der PC-Sparte von IBM. Im letzten Dezember hatte Lenovo allerdings schon angekündigt, das Olympiasponsoring nicht mehr fortzusetzen.

Dann dürfte Lenovo eher dem Beispiel Volkswagen folgen. Ob dies aus strategischer Einsicht erfolgt oder aus einer Niederlage bleibt offen. Denn die Winterspiele 2010 in Vancouver und die Sommerspiele 2012 in London sponsert ausgerechnet Acer, Lenovos direkter Konkurrent aus dem von Peking als abtrünnige Insel betrachteten Taiwan. Acer ist international viel bekannter als Lenovo. Und wahrscheinlich zahlten die Taiwaner dem IOC einfach mehr.

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