Internet per Fernsehfrequenz: Schnelles Netz für plattes Land

Die Digitalisierung des traditionellen Antennenfernsehens ist im vollen Gange. Dabei frei werdende Frequenzen könnten für die Breitbandvernetzung verwendet werden.

Die Antenne nutzlos machen: Wenn Fernsehen künftig digital ausgestrahlt wird, bleiben Frequenzen fürs Internet übrig.

10 Prozent der deutschen Bevölkerung müssen derzeit ohne schnellen Internet-Zugang auskommen. Nicht, weil sie nicht daran interessiert wären, sondern weil sie in einem Gebiet wohnen, das noch nicht mit Breitbandtechnologien wie DSL versorgt ist. Darum fordert der Mobilfunkkonzern Vodafone nun die Bundesregierung auf, bei der Digitalisierung des traditionellen Antennenfernsehens frei werdende Frequenzen für die Internet-Versorgung zu nutzen. Dabei werden derzeit analoge Sender abgeschaltet und gegen spektrumsparende digitale Kanäle nach dem DVB-T-Verfahren ausgetauscht.

Fritz Joussen, Deutschlandchef von Vodafone, sagte am Wochenende gegenüber der FAZ, dass sich dieses Spektrum für die Versorgung ländlicher Gebiete am besten eigne. Die Umsetzung könne sehr schnell gehen. "Wenn genügend Spektrum vergeben wird, um mehrere Anbieter zu bedienen, hat jedes Unternehmen den Anreiz, als erstes mit Breitband-Angeboten in diesen Gebieten vertreten zu sein."

Derzeit fehlt es insbesondere in dünner besiedelten Regionen an Alternativen für schnelles Internet. Versorgt der Ex-Monopolist Telekom ein Gebiet nicht mit DSL, ziehen oft auch die privaten Konkurrenten nicht nach. Alternativen wie die Breitband-Anbindung über das TV-Kabel stehen hauptsächlich in größeren Einzugsgebieten zur Verfügung, gleiches gilt für schnelles Handy-Internet nach dem so genannten HSDPA-Standard.

Bleibt noch die Vernetzung per Verschlüsselung: Hier gibt es inzwischen einige Anbieter, die sogar eine Zweiwegekommunikation ohne zusätzlichen Telefonanschluss bieten, doch setzen die vor allem auf die Plattform des Satellitenkonzerns Astra. Und die ist wiederum teils deutlich teurer als herkömmliches DSL und macht bestimmte Dienste wie Online-Spiele oder Internet-Telefonie aus technischen Gründen nur eingeschränkt möglich. Die letzte Alternative für ländliche Regionen wäre die Anbindung über die Funktechnik Wimax. Doch die setzt sich in Deutschland erst schleppend durch und bietet je nach Nutzerdichte nur unterdurchschnittliche Bandbreiten.

Die Verwendung der frei werdenden TV-Frequenzen könnte die Probleme tatsächlich lösen, da sie eine große Reichweite bieten und sich die Vernetzung somit verhältnismäßig kostengünstig umsetzen ließe. In den USA wird das Thema bereits seit längerem diskutiert: Der so genannte "White Space", der weiße Raum, der auch dort bei der Digitalisierung des analogen Fernsehens anfällt, weckt Begehrlichkeiten bei großen Online-Konzernen wie Google, die eine landesweite drahtlose Internet-Abdeckung anstreben. Wie in den USA auch müsste auch bei uns der Staat entscheiden, wer welche Frequenzen erhält. Vodafone-Chef Joussen forderte deshalb gegenüber der FAZ eine Versteigerung wie schon bei Wimax und vorher bei UMTS. Wer immer bei der Auktion den Zuschlag erhält, müsste genaue Vorgaben erhalten, welche Gebiete er zu versorgen hätte - sehr detailliert und mit Postleitzahl. Sein Unternehmen sei dazu bereit: "Es braucht sich niemand auf mündliche Zusagen oder Versprechen zu verlassen." Man könne dazu auch eine Verpflichtung abgeben.

Das begehrte Frequenzband liegt bei 400 MHz. Laut Joussen würde bereits "die Hälfte" der dort freien Frequenzen "völlig genügen". Allerdings tue sich hier seit über einem Jahr so gut wie nichts. Seine Befürchtung sei, dass das auch die nächsten zwei Jahre so bleibe. "Deutschland vernachlässigt die ländlichen Gebiete in dieser Hinsicht in sträflicher Weise." Da das Internet der wichtigste Erfolgsfaktor sei, liefen Kommunen in den nicht versorgten Gebieten "die Betriebe in Scharen davon" - große wie kleine. "Und neue Unternehmen siedeln sich gar nicht erst an. Wenn nichts passiert, können Sie diese Gegenden bald abschreiben, weil niemand mehr kommt und die Jungen gehen."

Ob die Umsetzung tatsächlich so schnell geht, wie sie sich der Vodafone-Chef vorstellt, ist allerdings unklar. So interessierte sich für die Alternativtechnik Wimax beispielsweise keiner der großen Telekomanbieter. Der angegebene Grund waren die hohen Investitionskosten für eine relativ kleine Zielgruppe. Völlig anders ist das auch bei dem Vorstoß im Bereich der ehemaligen TV-Frequenzen nicht, allerdings reichen hier weniger Basisstationen und damit möglicherweise geringere Investitionen aus.

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