Mannschaft unter Rassismus-Verdacht: Der Schlitzaugen-Skandal

Spaniens Basketballer geraten unter Rassismusverdacht, weil sie auf einem Foto die Augenlider langzogen. Unbeeindruckt von der Debatte gewinnen sie gegen die Deutschen mit 72:59.

So oder so ähnlich haben die spanischen Basketballer wohl posiert. Bild: dpa

PEKING taz Einen Spaß wollten sie sich machen. Das spanische Basketballteam war zum Fototermin des Teamsponsors angetreten. Es wurden die üblichen Bilder geschossen. Dann hatte der Fotograf eine neckische Idee. Aus den spanischen Korbjägern sollten kurzerhand Chinesen werden. Die Spieler folgten der Regieanweisung. Man dachte sich nichts dabei, zog die Augenlider lang, schaute aus Schlitzaugen. In dieser Pose ließen sie sich von dem Witzbold ablichten. Das Fotoshooting sollte freilich zum Problem werden für den Olympiafavoriten

Ist es politisch korrekt, ein Chinesengesicht zu schneiden? Ist es eine Grimasse oder eine Referenz an den Gastgeber? Ist es gar rassistisch? Der englische Daily Telegraph erregte sich zuerst. "Spaniens Unsensibilität in Fragen des Rassismuss hat sich wieder einmal gezeigt", schrieb das Blatt und zählte genüsslich auf, dass der schwarze Formel-1-Fahrer Lewis Hamilton in Spanien beleidigt worden sei und dass der ehemalige Fußball-Nationatrainer Luis Aragonés einst auch aufgefallen sei wegen potenziell rassistischer Sprüche. Ist Spanien ein Land von Betonköpfen und Ewiggestrigen? Können sie es nicht bessser? "Unsinn", sagte gestern der spanische Aufbauspieler José Manuel Calderón der taz. "Spanien ist ein multikulturelles Land, "wir wollten niemanden beleidigen, das war ganz und gar nicht unsere Absicht. Und wenn wir es mit dem Foto getan haben sollten, dann entschuldigen wir uns hiermit."

Calderón spielt für die Toronto Raptors in der National Basketball Association (NBA). Er ist ein Schlüsselspieler im Team der Spanier. Wie zum Beweis, dass er nichts Böses im Schilde führt, zeigte Calderón auf sein rotes Basketballhemd. "Li-Ning", steht da. Es handelt sich um eine chinesische Sportartikelfirma, die jenem Mann gehört, der bei der Eröffnungsfeier am vergangenen Freitag nach einem Stadionlauf in luftiger Höhe das olympische Feuer entzünden durfte: Li Ning. "Sehen Sie, wir tragen sogar chinesische Klamotten", sagte Calderón, "wir sind hierher gekommen, um China näherzukommen und nicht irgendwen anzugehen." Der Vertrag mit Lis Firma haben die Spanier kürzlich erst verlängert, um vier Jahre. "Wir haben es mit dem Foto nur gut gemeint", bekräftigte Calderón.

"Das war vielleicht eine dumme Idee", sagte der deutsche Centerspieler Patrick Femerling der taz. Eine böse Absicht könne er aber nicht dahinter entdecken. "Das war sicherlich unangemessen", ließ die Sprecherin des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Emmanuelle Moreau, mitteilen. Das spanische Team habe sich auch beim IOC offiziell entschuldigt. Es waren nicht nur die Männer allein, die aus Schlitzen auf den Fotografen schauten, auch die Basketballerinnen aus Spanien haben sich so fotografieren lassen.

Eine Organisation namens OCA hat sich dann auch noch bemüßigt gefühlt, die Geste zu geißeln. Es handelt sich bei der OCA um einen Verbund von im pazifisch-asiatischen Raum lebenden US-Amerikanern. "Eine unglückliche Geste, geht es doch während der Spiele darum, Völkerverständigung zu demonstrieren", sagte ein Sprecher der OCA. Zugute gehalten wurde den Spaniern immerhin, dass sie sich neben einem auf das Hallenparkett gemalten Drachen postiert hatten, einem inoffziellen chinesischen Hoheitszeichen. Die Diskussionen um das Foto haben Spanien Basketballer nicht aus dem Rhythmus gebracht. Das Team um NBA-Spieler Pau Gasol gewann am Donnerstag gegen die Deutschen mit 72:59. Sie hatten ein paar Startschwierigkeiten, ließen die Mannschaft des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) auf 14:22 davonziehen, doch zur Halbzeit führten sie bereits. Zuerst hielten Dirk Nowitzki und Co. gut mit, überzeugten mit einer guten Trefferquote. Aber während man bei ihnen immer das Gefühl hatte, sie spielten an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit, variierten die Spanier Tempo und Verteidigung nach Belieben. Mit 11:0-Punkten zogen sie nach der Halbzeit davon. Sie konnten es verschmerzen, dass der erst 17 Jahre alte Aufbauspieler Ricky Rubio, ein großartiges Basketballtalent, etwas verschlafen spielte. Es war ja auch noch früh in Peking. Um neun Uhr chinesischer Zeit wurde das Spiel angeworfen.

"Wir haben alles gegeben", sagte Bundestrainer Dirk Bauermann hinterher. Nur mit der Leistung von Chris Kaman war er nicht zufrieden. Der NBA-Profi, kürzlich erst eingebürgert, offenbarte konditionelle Mängel und kann sich nur schwer an die harte europäische Verteidigung gewöhnen. Er sollte sich bis Samstag akklimatisiert haben. Dann ist China Gegner der Deutschen. Es ist ein Entscheidungsspiel. Spanien hat die Chinesen um Yao Ming bereits geschlagen. Ob sie danach in der Kabine Grimassen geschnitten haben, ist nicht bekannt.

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