Fußballer des Jahres: Ribéry sticht Ballack aus

Deutschlands "Fußballer des Jahres" heißt Franck Ribéry. Er ist erst der zweite Ausländer, der diesen Preis erhält - und verweist Michael Ballack locker auf den zweiten Rang.

Echt Ribéry: Nach dem Finale entführt der Franzose den DFB-Pokal. Bild: dpa

BERLIN taz Die Entscheidung wird den Sportjournalisten selten leichter gefallen sein. Schließlich war Franck Ribéry das größte Spektaktel der vergangenen Saison. Er ist mit 25 Millionen Euro der teuerste Spieler, den die Bundesliga je gesehen hat. Gleich zu Beginn seiner Zeit beim FC Bayern überraschte er alle: Denn er machte nicht mit gezirkelten Freistößen oder 40-Meter-Pässen auf sich aufmerksam, obwohl man genau das von ihm erwartet hatte. Stattdessen gab er den Filou so überzeugend, dass Lukas Podolski neben ihm wie ein manisch Depressiver wirkte.

Die Erwartungen, die sein Ruf und sein Preis erzeugten, waren gewaltig: Der junge französische Star sollte nicht nur das Mittelfeld des in der Vorsaison gedemütigten FC Bayern renovieren. Er sollte auch die Tricks zeigen, von denen man schon so viel gehört hatte - und ganz nebenbei Spielfreude, Leichtigkeit und internationalen Glanz zurück in die Bundesliga bringen.

Was jedoch tat der kleine Mann? Er schmierte im Trainingslager Zahnpasta unter die Türklinken seiner Mitspieler. Das war das erste Wunder. Das zweite war, dass Uli Hoeneß das lustig fand.

Die Selbstsicherheit, mit der sich der Bayern-Manager hinter diesen hyperaktiven Spaßvogel stellte, verwirrte die deutschen Sportjournalisten. Ribéry benahm sich so wenig wie ein Bundesliga-Profi, dass er der größte Fehleinkauf der Geschichte sein musste – oder ein Genie.

Diese bange Frage mussten sich die Bayern-Oberen jedoch nicht lange stellen. Der FC Bayern eröffnete die Saison mit einem 3:0 gegen Hansa Rostock und fertigte schon am zweiten Spieltag den ständigen Verfolger Werder Bremen im Weserstadion mit 4:0 ab.

Und als am dritten Spieltag Hannover 96 mit 3:0 zurück nach Niedersachsen geschickt wurde, musste sich Ribéry in Interviews fragen lassen, ob er glaube, die Saison ohne Niederlage beenden zu können. „Ich glaube, dass früher oder später auch für uns der Tag kommt, an dem nicht alles glatt läuft“, sagt er in einem solchen Moment. Und demonstriert das Selbstvertrauen, welches der Rekordmeister von seinen Spielern erwartet. Genau dahin gehört der FC Bayern in den Augen seiner Verantwortlichen - und seiner Fans.

Franck Ribéry hatte Uli Hoeneß in wenigen Wochen zum glücklichsten Mann des Landes gemacht. Für die anderen Mannschaften blieb noch ein Champions-League-Platz und ein paar Uefa-Cup-Trostpreise. Mehr würde nicht drin sein.

Und so ist es auch kein Wunder, dass Ribéry auch bei der Entscheidung zum "Fußballer des Jahres" seine Konkurrenz so klar deklassiert hat. Er bekam doppelt so viele Stimmen, wie der auch diese Saison so glücklose Michael Ballack. Der Kapitän der Nationalmannschaft wurde nur auf Platz zwei gewählt.

Damit ist Ribéry auch erst der zweite ausländische Spieler, der zum Fußballer des Jahres wurde. Nach dem damaligen Bremer Ailton, dem dieses Kunststück nach seiner Torjäger-Krone in der Saison 2003/2004 gelang.

Nur wenige Tage hat Franck Ribéry gebraucht, um Deutschland zu seiner Manege zu machen. Dabei sah es nie wirklich danach aus.

Mit zwei Jahren hatten seine Eltern und er einen schweren Autounfall, von dem die Narben in seinem Gesicht stammen und der auch anders hätte ausgehen können.

Und als er als 18jähriger seinen Heimatort Boulogne-sur-Mer verließ, um im 1000 Kilometer entfernten Alès als Fußballspieler sein erstes Geld zu verdienen, ging umgehend sein neuer Verein pleite. Ribéry kehrte mittellos zu seiner Familie zurück und sein Vater verschaffte ihm einen Job als Straßenarbeiter, den er monatelang verrichtete. Es ist schwer vorstellbar: Das ist gerade fünf Jahre her.

Aber er bekam noch eine Chance: Als er ihn der mittelmäßige aber stabile Erstligaverein FC Metz verpflichtete, wurde er in seiner ersten Saison schlagartig bester Vorlagengeber und wechselte nach nur einem Jahr für 5 Millionen zu Galatasaray Istanbul. Es zeigte sich, dass dies nicht die beste Idee war. Für keinen von beiden: Der FC Metz schrammte daraufhin knapp am Abstieg vorbei und Galatasaray bezahlte kein Gehalt.

Im Jahr 2005 wechselte Ribéry als türkischer Pokalsieger zurück nach Frankreich, zu Olympique Marseille, von wo ihn die Bayern letztes Jahr in die Bundesliga holten.

In seiner ersten Bundesliga-Saison schien er das Zentrum der Liga zu sein. Ribéry machte den Anschein, er wäre erst dann wirklich gefordert, wenn ihn zwei oder drei Spieler verteidigten. Er sorgte dafür, dass die anderen 21 Spieler, die zufällig auch noch neben ihm auf dem Platz standen, aussahen, als bewegten sie sich in Zeitlupe. Der Meistertitel war am dritten Spieltag schon vergeben. Und der Titel „Fußballer des Jahres“ eigentlich auch.

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