Kommentsr AKW-Laufzeitverlängerung: Üppige Gaben, vage Zusagen

Laufzeitverlängerung für AKWs auf acht Jahre? Die Atompläne von Minister Glos sind noch dreister als erwartet.

Patentmittel gegen den Energiepreisschock, Voraussetzung für effektiven Klimaschutz: Dieses neue Bild von der Atomkraft versucht die Union im Einklang mit den Energiekonzernen schon seit geraumer Zeit in die Köpfe der Menschen zu hämmern. Die Dreistigkeit, mit der das Wirtschaftsministerium nun allerdings den Atomausstieg revidieren will, kommt dennoch überraschend.

In den Eckpunkten für ein "Kernenergie-Nutzungskonzept" unterschlagen die angeblichen Experten nicht nur das ungelöste Endlagerproblem und die wachsenden Sicherheitsrisiken. Sie verbreiten zudem erneut das Märchen vom billigen Atomstrom - ohne auch nur ansatzweise dafür zu sorgen, dass die Preise tatsächlich sinken oder die zusätzlichen Gewinne der Konzerne abgeschöpft werden. Im Gegenzug für eine Verlängerung der Laufzeiten um acht Jahre soll lediglich auf freiwilliger Basis eine anteilige Abführung der Zusatzgewinne geprüft oder über kaum realistische Sonderpreise für Atomstrom nachgedacht werden.

Wie ernst die Industrie solche freiwilligen Verpflichtungen nimmt, hat sie in der Vergangenheit oft bewiesen. Selbst bindende Verträge wie den von den Stromkonzernen unterschriebenen Atomkonsens haben diese nur so lange akzeptiert, wie er ihnen nicht wehtat. Jetzt, wo es tatsächlich ans Abschalten gehen soll, tun die Energiekonzerne alles, um die Vereinbarung zu kippen.

Dabei wäre es selbstverständlich möglich, die Gewinne aus einem längeren Betrieb der Atomkraftwerke abzuschöpfen, etwa durch eine Brennelementesteuer. Von diesem Instrument, mit dem tatsächlich eine Unterstützung von erneuerbaren Energien oder ein Zuschuss für Sozialtarife beim Strom finanziert werden könnte, halten die Stromkonzerne aber natürlich überhaupt nichts. Und auch im Konzept des Wirtschaftsministeriums ist davon nichts zu lesen.

Selbst unter solchen Rahmenbedingungen wäre eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten mehr als fraglich, weil sie wenig Nutzen für ein hohes Risiko bedeutet. Ohne solche Regeln ist sie jedoch Lobbypolitik in Reinform - und zeigt überdeutlich, welchen Interessen sich die Union wirklich verpflichtet fühlt.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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