Daten-Filzer an der US-Grenze: Bei Einreise Rechner-Entzug

Das US-Heimatschutzministerium hat sich erstmals dazu geäußert, was es an der US-Grenze mit Datenträgern wie Laptops, Handys oder USB-Sticks von Reisenden tun kann: Alles.

Da ist kein USB-Stick sicher.... Bild: dpa

Schon seit Monaten kursieren Berichte Reisender im Netz, die beim Grenzübertritt in die USA schwere Eingriffe in ihre Privatsphäre über sich ergehen lassen mussten - ob es sich um Amerikaner oder Ausländer handelte, war dabei egal. Beamte hätten ihre tragbaren Rechner, Musikspieler, Handys und Kameras auf ihre Inhalte durchsucht und teilweise über Wochen einbehalten - und das alles auch noch völlig anlasslos und ohne richterliche Anordnung.

Die Vorfälle häuften sich derart, dass Anwaltsfirmen und große Konzerne ihre Mitarbeiter anwiesen, keine geheimen Dokumente auf die Reise mitzunehmen, sich stattdessen nach der Ankunft über das Internet verschlüsselt mit den notwendigen Akten zu versorgen.

Die Netzbürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) klagte gegen das Vorgehen des zuständigen US-Heimatschutzministeriums (Department of Homeland Security, DHS) und wollte richterlich festgestellt haben, wann die Behörde es für ihr Recht hält, einen Blick in die elektronischen Gehirne Reisender zu werfen. Die Klage ist noch anhängig, doch nun hat sich das DHS erstmals öffentlich dazu geäußert, welche Vorgehensweise bei den Laptop-Durchsuchungen angewendet wird.

Die Möglichkeiten sind laut der Handlungsanweisung, die die Washington Post am Wochenende zitierte, tatsächlich äußerst breit. Demnach dürfen die zwei zuständigen DHS-Abteilungen US-Grenzschutz und US-Zoll nahezu alles mit elektronischen Datenträgern anstellen, die ein Reisender beim Grenzübertritt mit sich führt. Laptops, aber auch Mobiltelefone, iPods, Kameras und tragbare Speichermedien wie Festplatten oder USB-Sticks können vor Ort untersucht, aber auch auf unbegrenzte Zeit eingezogen werden, "um Kopien davon mit anderen Behörden zu teilen". Versteht das DHS die Inhalte nicht, darf es sich außerdem Privatfirmen bedienen, die sie dann "übersetzen oder entschlüsseln". Die Maßnahmen seien verdachtslos durchführbar und gelten für jeden, der in die USA einreist, Bürger des eigenen Landes werden nicht anders behandelt.

Als Begründung heißt es in der Handlungsanweisung, die Maßnahmen seien "angemessen und notwendig", um das Land gegen den Terrorismus zu verteidigen. In einem flankierenden Meinungsstück im Boulevard-Blatt "USA Today" hatte Heimatschutzminister Michael Chertoff unter anderem angeführt, man habe durch diese Suchmaßnahmen "gewalttätiges Jihad-Material" aufgedeckt. Zudem fielen den beamten so auch "abscheuchliche Aufnahmen von Kinderpornografie" in die Hände. Jayson P. Ahern, Vizechef des US-Zolls, sagte, man "verstoße damit nicht gegen die Privatsphäre der Amerikaner". Beim Grenzübertritt sei es üblich, dass die Beamten alles ins Land gebrachte Material durchsuchen dürften, etwa, um den Eintritt von Schmuggelgut oder Drogen in die USA zu verhindern. Dass das Material auf Laptops, das häufig sehr persönliche Informationen wie E-Mails enthält, schutzwürdig ist, wollte Ahern hingegen nicht sehen. Laut Chertoff enthielten Rechner und andere elektronische Geräte "oftmals die gefährlichsten Waren", die es heute gebe. Er sprach dabei auch von "Bombenbauanleitungen".

Der demokratische Senator Russel Feingold sagte in einer ersten Reaktion, die nun offiziell gemachte DHS-Politik bei Grenzkontrollen sei "wirklich alarmierend". Er werde deshalb bald ein Gesetz einbringen, dass die Kontrolle von elektronischen Geräten an der Grenze nur nach angemessenen Verdachtsmomenten erlaube. Das Problem sei auch, dass sich die Beamten oftmals Menschen aus dem islamischen Raum auswählten. Das dürfe nicht sein. Die Netzbürgerrechtsorganisation EFF hat diverse solche Fällte gesammelt: So berichtet sie von einem Informatiker, der in zwei Jahren ein halbes Dutzend mal eine Laptop-Durchsuchung über sich hat ergehen lassen müssen. Bemerkenswert ist außerdem auch die Kontrolle von Handys: So berichtet ein US-Blogger, er sei bei der Rückkehr aus Kanada mit SMS-Botschaften konfrontiert worden, die seine Aussagen gegenüber den Beamten angeblich widersprachen. In Europa werden Laptop-Inhaltekontrollen an der Grenze bislang nicht vorgenommen, in Großbritannien diskutiert man sie allerdings.

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