Lettischer Volksentscheid scheitert: Vorerst keine Verfassungsänderung

Beim lettischen Referendum über die vorzeitige Auflösung des Parlaments wurde die vorgeschriebene Wahlbeteiligung nicht erreicht. Nur 3 Prozent der Bevölkerung gingen zur Abstimmung.

Dieser Mann und sein Hund waren unter den 3 Prozent der Letten, die sich am Samstag am Referendum beteiligten. Bild: Reuters

STOCKHOLM taz Eine Schlappe musste die Regierung Lettlands unter Premier Ivars Godmanis hinnehmen. Am Samstag stimmten bei einer Volksabstimmung nur 3 Prozent der WählerInnen für deren Empfehlung. 97 Prozent votierten dafür, dass dem Volk eine verfassungsrechtliche Möglichkeit eingeräumt werden solle, über eine vorzeitige Auflösung des Parlaments zu entscheiden. Dieses Recht hat bislang nur der Präsident.

Das Referendum für eine entsprechende Ergänzung der Verfassung scheiterte trotzdem. Mehr als 50 Prozent der Wahlberechtigten hätten an die Urnen gehen und mit Ja stimmen müssen. Doch die Wahlbeteiligung lag nur bei 40,1 Prozent. Der Abstimmungstermin in den Sommerferien und eine relativ niedrige Beteiligung auf dem Land dürften dafür mit verantwortlich sein.

Die vier Regierungsparteien hatten aufgerufen mit Nein zu stimmen. Der der grünen Partei angehörende Parlamentspräsident Gundars Daudze bezeichnete Volksabstimmungen als "undemokratisch": Es werde instabile Verhältnisse geben, sollte dem Volk ein Recht eingeräumt werden, über die Auflösung des Parlaments zu entscheiden.

Besonders stabil sind lettische Regierungen allerdings auch bislang nicht: In 17 Jahren Unabhängigkeit ist derzeit die vierzehnte an der Macht. Oppositionsparteien und Gewerkschaften, die seit dem Frühjahr erst über eine Unterschriftensammlung und dann über einen Volksentscheid den Weg für das jetzige Referendum geebnet hatten, sprachen von einem "moralischen Sieg": Das nun zu Tage getretene Misstrauen gegenüber der Regierung sei ein unüberhörbares Signal an Präsident Valdis Zatlers, das 2006 gewählte Parlament aufzulösen. Davor müssten sich die jetzigen Regierungsparteien jedoch fürchten. Umfragen zeigen, dass bei Neuwahlen drei an der Fünfprozentklausel scheitern würden. Nur die vierte Regierungspartei, die Grünen, hätten mit 5,2 Prozent überhaupt eine Chance auf einen Wiedereinzug ins Parlament.

Grund für das Misstrauen der LettInnen sind nicht enden wollende Korruptionsskandale. Am vergangenen Freitag wurden im Fernsehen neue Dokumente präsentiert, dass mehrere Parteien und Politiker mit Geldern aus der Wirtschaft geschmiert worden sein sollen. KritikerInnen bezeichnen das jetzige Parlament als illegitim: Es sei durch Korruption und ungesetzliche Wahlkampffinanzierung zustande gekommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.