Kommentar Conti: Gute und böse Heuschrecken

Firmenübernahmen brauchen klare Regeln. Und zu einfach und billig darf man sie auch nicht machen.

Die private Schaeffler-Gruppe hat sich geschickt bestimmter Finanzinstrumente bedient und so nach Angaben der beiden Unternehmen Zugriff auf über 30 Prozent der Aktien verschafft. Eigentlich sehen die Börsengesetze vor, dass ab einer Schwelle von 3 Prozent eine Meldepflicht besteht. Die familieneigene Firma hat also eine legale Lücke gefunden für eine weitgehende heimliche Übernahme einer der 30 größten deutschen Aktiengesellschaften. Das ist nicht im Sinne der Börsenvorschriften, und diese Lücke sollte die Politik auch versuchen zu schließen.

Finten und unerwartete Tricks bei Übernahmen wird es aber immer geben. Das liegt in der Natur der Sache. Wer da von Anfang an mit offenen Karten spielt, verschenkt oft viel Geld. Freundliche oder feindliche Übernahmen gehören zum Börsenwesen. Hier kommt es auf den gesetzlichen Rahmen an: Einerseits muss er klar sein, weil er sonst vor Gericht nicht durchsetzbar ist. Außerdem können nur mit klaren Regeln auch Gewerkschaften oder Aktionäre bei Übernahmen ihre Rechte durchsetzen. Andererseits ist die Wirtschaftswelt kompliziert und daher gesetzliche Klarheit nur schwer zu finden oder mit komplizierter Arbeit verbunden, die es nicht in die Massenmedien schafft. Ein Dilemma für Politiker.

Trotzdem gäbe es Möglichkeiten: etwa wirksame Steuern auf Private Equity Fonds, auch Heuschrecken genannt. Im Gegensatz zu Investoren wie der Schaeffler-Gruppe sind sie an den Produkten eines Übernahmekandidaten nicht interessiert, sondern an der Zerschlagung oder dem schnellen Weiterverkauf. Dass diese Equity Fonds und ihre Eigner oft weniger Steuern zahlen als andere, ist ein Skandal. Ebenso wären die Regeln bei der Kreditvergabe von Banken für Firmenübernahmen anzupassen. Und auf die Tobinsteuer, die Ministeuer auf kurzfristige Börsenspekulationen, warten wir seit Jahrzehnten, obwohl immer wieder bis in die höchsten Kreise der diversesten Länder über die "Spekulanten" geklagt wird. Alle diese Regeln würden die Finanzmärkte nicht erdrosseln, aber erträglicher machen.

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Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

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