Kommentar Hagen gegen Deutsche Bank: Wenn die Stadtverwaltung zockt

Eine Pferdewette ist kein taugliches Mittel zur Haushaltssanierung. Und genausowenig sind es andere Wettgeschäfte.

Ein Kämmerer zieht mit städtischen Geldern auf die Rennbahn. Auf Empfehlung des Wettbüros setzt er alles auf den Favoriten. Doch dummerweise verliert der. Das Geld ist dahin. Er könne nichts dafür, rechtfertigt sich der Kämmerer danach. Er hätte nicht gewusst, dass das Pferd nicht immer gewinnt. Das Wettbüro habe ihn falsch beraten.

Eine Pferdewette gilt gemeinhin nicht als ein taugliches Mittel zur Haushaltssanierung; CMS-Spread-Ladder-Swap-Geschäfte indes galten das lange Zeit schon. Dabei unterscheidet sich vom Prinzip her das eine kaum von dem anderen: Eine Wette bleibt eine Wette, auch wenn das Wettbüro die Deutsche Bank und die Rennbahn der Finanzmarkt ist. Hagen ist nicht die einzige Stadt, die das Zockerfieber packte - wenn auch hier der Einsatz besonders hoch war. Hunderte von Kommunen glaubten, mit den hochspekulativen Anlageprodukten einen genialen Ausweg aus ihrer Verschuldung gefunden zu haben. Unter den Kämmerern der Republik herrschte vielerorts Euphorie. Da wurden bisweilen mehrere Millionen Euro schwere Deals sogar alleine auf Basis von ein paar E-Mails und einigen Telefongesprächen abgeschlossen.

Es ist nachgerade unfassbar, mit welcher Leichtfertigkeit hier städtische Haushalte ruiniert wurden. Alleine die Stadt Hagen hat gut 50 Millionen Euro in den Sand gesetzt. Dass Kreditinstitute wie die Deutsche Bank die Risiken der von ihnen angebotenen Zinswetten nicht gerade überbetonten, entschuldigt dabei nichts. Die Verantwortung für das Desaster kann den Kommunen niemand abnehmen. Zu Recht bescheinigte das Wuppertaler Landgericht den Mitarbeitern der Stadt Hagen daher: Es bedarf weder einer intensiven Beratung noch einer Ökonomieprofessur, um zu wissen, dass höhere Renditen auch ein höheres Risiko bedeuten. Ob aus Unprofessionalität oder Verantwortungslosigkeit: Sie haben es in Kauf genommen. Die Folgen jedoch hat die Allgemeinheit zu tragen. Die politischen Konsequenzen? Die für das desaströse Zinswettgeschäft Hagens zuständige Stadtkämmerin ist mittlerweile in gleicher Funktion in Aachen tätig.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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