Zuwanderung von Facharbeitern: Wenig Lust auf Deutschland

Die Große Koalition beschließt neue Zuwanderungsregeln: Es sollen mehr Akademiker aus Osteuropa kommen. Das Beispiel Ingenieure zeigt: Das Interesse ist bescheiden.

In Deutschland fliegen nicht genug Hüte hoch. Deswegen ist nun auch die Politik scharf auf frisches osteuropäisches Akademikerblut. Bild: dpa

BERLIN taz Unqualifizierte Arbeitnehmern aus den Osteuropa dürfen auch weiterhin nicht in Deutschland arbeiten. Freizügigkeit wird es für die neuen EU-Staaten wie Polen, Ungarn, Tschechien, die Slowakei und die Baltischen Staaten erst ab 2011 geben. Das wird das Bundeskabinett heute beschließen.

Allerdings sollen dafür die Tore für Besserqualifizierte weiter geöffnet werden. Deutschland, heißt es ambitiös im Aktionsprogramm der Bundesregierung, muss "seine Zuwanderungsregelungen attraktiver gestalten", um im globalen Wettbewerb "um hochqualifizierte Fachkräfte" zu bestehen. Deshalb wird der deutschen Arbeitsmarkt ab 2009 allen Akademikern aus EU-Staaten offen stehen. Auch für Bürger aus Nicht-EU-Staaten soll es attraktiver und einfacher werden in Deutschland zu arbeiten. Bislang gilt, dass Hochqualifizierte die mehr als 86.400 Euro im Jahr verdienen, automatisch ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bekommen. Künftig wird diese Grenze auf ein Jahreseinkommen von 63.600 Euro gesenkt. Auch für Akademiker aus Nicht-EU-Staaten soll es leichter werden hierzulande zu arbeiten. Allerdings gilt für sie weiterhin die Vorrangprüfung. Will sagen: Gibt es deutsche Bewerber für den Job, werden diese bevorzugt. Doch das Ziel des Aktionsplans ist klar: So soll der Facharbeitermangel, der künftig hierzulande noch größer zu werden droht, gemildert werden.

Streit hatte es in der Koalition zwischen Arbeitsminister Olaf Scholz und der CDU um den Aufenthaltsstatus von geduldeten Ausländern gegeben, die in Deutschland in ihrem Beruf arbeiten. Scholz will, dass künftig geduldete Akademiker und Facharbeiter, die zwei Jahre lang in Deutschland in ihrem erlernten Beruf arbeiten, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten. CDU-Politiker waren gegen diese Idee mit dem Argument insFeld gezogen, damit würde ein "Einfallstor für ungesteuerte Zuwanderung" geöffnet. Offenbar hat Scholz sich gegen diese Vorbehalte durchgesetzt.

Kritiker bemängeln trotzdem, dass Deutschland gut Qualifizierte aus ärmeren Staaten abwerbe, ohne seine Türen für Geringqualifizierte zu öffnen. So versucht zum Beispiel Polen, das ebenfalls unter Facharbeitermangel leidet, mittlerweile polnische Arbeitskräfte, die nach Großbritannien emigriert sind, zur Rückkehr zu bewegen.

Doch dass die Neuregelung der deutschen Zuwanderungbedingungen zu einem Exodus von Akademiker und Facharbeiter aus Osteuropa führen wird, ist unwahrscheinlich. Das zeigt das Beispiel der Ingenieure aus den neuen osteuropäischen EU-Staaten. Die Bundesregierung hatte, mit Blick auf den heimischen Fachkräftemangel, seit Oktober 2007 alle Hindernisse für Ingenieure aus EU-Staaten beiseite geräumt und volle Freizügigkeit hergestellt. Davon, so der Verband Deutscher Ingenieure auf Anfrage der taz, hat kaum jemand Gebrauch gemacht. Seitdem sind 20 Ingenieure aus den neuen EU-Staaten nach Deutschland gekommen.

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