Schuldspruch im Bawag-Prozess: Milliarden in der Karibik versenkt

115 Prozesstage lang hatte er seine Unschuld beteuert. Doch die Wiener Richter glaubten dem stets fluchtbereiten Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner nicht.

Auch das blütenweiße Hemd hat Ex-Bawag-Chef Elsner nichts genützt Bild: DAP

WIEN taz/rtr Das Wiener Landesgericht hat am Freitag im größten Wirtschaftsprozess Österreichs den früheren Bankdirektor Helmut Elsner der Untreue und des Betrugs für schuldig befunden. Das Strafmaß: neuneinhalb Jahre Haft.

Das Gericht unter dem Vorsitz von Richterin Claudia Bandion-Ortner fällte auch für alle anderen acht Angeklagten inn erster Instanz Schuldsprüche.

Der 73-jährige Elsner war angeklagt, als Generaldirektor der gewerkschaftseigenen Bank für Arbeit und Wirtschaft AG (Bawag) den Verlust von 1,72 Milliarden Euro verschuldet zu haben. Er soll die Verluste allerdings nicht nur verursacht, sondern auch jahrelang verschleiert haben - mit Hilfe von acht Kollegen.

Das Geld hatte Elsner dem Spekulanten Wolfgang Flöttl zur Anlage in hochriskante Hedgefonds in der Karibik übergeben. Flöttl, Sohn von Elsners Vorgänger Walter Flöttl, hatte seit den frühen 1990er-Jahren das Vermögen der Bawag durch riskante Veranlagungen, vor allem in Form von Zins- und Währungs-Swaps, sehr erfolgreich vermehrt. Die Geschäfte wurden wegen des hohen Risikos eingestellt, von Elsner aber 1994 wieder aufgenommen. Das gesamte Kapital ging verloren.

Elsner und eine kleine Gruppe von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern hatten die Verluste nach Einschätzung der Richter verschleiert, indem sie Briefkastenfirmen gründeten, die in karibischen Steuerparadiesen wie Anguilla ihren Sitz hatten. Sie übergingen alle Kontrollorgane der Bawag. Auch der Gewerkschaftsbund ÖGB wurde hineingezogen: ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch unterzeichnete 2001 eine Bankgarantie über eine Milliarde Euro. Im April 2006 flog die Misere auf. Die Bawag wurde nur durch eine Regierungsgarantie vor dem Kollaps gerettet und schließlich an den US-Fonds Cerberus verkauft.

Helmut Elsner, der sich in Südfrankreich einen mondänen Alterssitz gekauft hatte, wurde im Februar 2007 von Frankreich ausgeliefert. Seither saß er als einziger der Angeklagten in Untersuchungshaft. Obwohl er schwer krank ist und am Herzen operiert werden musste, bestand Fluchtgefahr.

In 115 Prozesstagen, die sich über ein Jahr verteilten, beteuerte Elsner seine Unschuld. Auch die meisten seiner Mitangeklagten hatten auf nicht schuldig plädiert. Sie seien getäuscht worden. Drei Angeklagte haben aber zumindest Teilgeständnisse abgelegt, die sich strafmindernd auswirken werden.

Vorstandsmitglied Johann Zwettler gab Untreue und Bilanzfälschung zu. Außerdem habe er nach den Verlusten der Übergabe von weiteren fast 700 Millionen Euro an den Investmentbanker Wolfgang Flöttl zugestimmt. Er habe gehofft, das verlorene Geld sei so zurückzugewinnen.

Wolfgang Flöttl hatte in den letzten Prozesstagen mit der Offerte überrascht, sein Jahresgehalt von fünf Millionen Dollar für Prozesskosten und zur Begleichung von Schadenersatzforderungen zu spenden, wenn ihm eine Haftstrafe erspart bliebe.

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