Britische und US-Arbeitervertretungen kooperieren: "Die erste Weltgewerkschaft"

In Zeiten der Globalisierung reichen nationale Strukturen nicht aus, glauben britische und US-amerikanische Gewerkschafter - und gründen den ersten transatlantischen Verband.

Britische "Unite"-Mitglieder demonstrieren gegen die schlechten Lohnbedingungen für Tanklastwagenfahrer. Bild: dpa

DUBLIN taz Die größte britische Gewerkschaft Unite und die US-Stahlarbeiter-Gewerkschaft USW wollen heute in Las Vegas eine transatlantische Gewerkschaft gründen. Die Unterzeichnung des Kooperationsvertrags wird live auf der USW-Website übertragen, danach soll der Name bekannt gegeben werden. Jedenfalls sei es "die erste Weltgewerkschaft", sagte ein Sprecher von USW. Sie werde die Branchen Metall, Stahl, Chemie und Banken vertreten.

Die USW hat 1,2 Millionen Mitglieder, Unite 2 Millionen. Der britische Verband war erst 2007 durch die Fusion von Amicus und der Transportarbeitergewerkschaft entstanden. Amicus hatte bereits vorher mit der USW über eine enge Zusammenarbeit verhandelt.

Zunächst bleiben Unite und USW eigenständig, für die Zukunft streben sie jedoch eine vollständige Fusion an. Dann wollen sie auch Gewerkschaften in Australien und in den aufstrebenden Ländern Asiens, Lateinamerikas und Osteuropas zum Beitritt ermuntern.

Deutsche Gewerkschafter sind von dem Projekt nicht sonderlich überzeugt. Wegen der unterschiedlichen Traditionen und Gesetze seien Zusammenschlüsse von Gewerkschaften über Grenzen hinweg schwierig, sagte Horst Mund, der Leiter der internationalen Abteilung der IG Metall. Seine Gewerkschaft verfolge eine andere Strategie: "Wir wollen Netzwerke über Euro- und Weltbetriebsräte bilden." Bei den Autoherstellern General Motors und Daimler funktioniere das gut, sagte er. Unite und USW beträten hingegen Neuland.

Das stimmt nicht so ganz. Die 1905 von Anarchisten und Sozialisten in Chicago gegründete Organisation International Workers of the World (IWW) ist in vielen Ländern der Welt organisiert, beispielsweise in Großbritannien, Australien, Finnland und Deutschland. Ihr bekanntestes Mitglied war Joe Hill, der viele Arbeiterlieder komponiert hat und nach einem Fehlurteil 1915 hingerichtet wurde. Ihre beste Zeit hatte die IWW Anfang der Zwanzigerjahre. Heute hat sie nur noch 2.000 Mitglieder.

USW und Unite haben ebenfalls mit Mitgliederschwund zu kämpfen. Der Zusammenschluss, so hoffen sie, werde ihren Organisationen mehr Anziehungskraft verleihen. Vor allem, weil es ihre Position bei Tarifverhandlungen mit Unternehmen verbessert, die sowohl in Großbritannien und Irland als auch in den USA oder Kanada tätig sind. "Solange die großen Unternehmen global und die Gewerkschaften national arbeiten, sind wir im Nachteil", sagt Andrew Murray, der Pressesprecher von Unite.

Wirtschaftsexperten in der Londoner City halten das für naiv. Niemand in den aufstrebenden Ländern Asiens oder Osteuropas würde bei einem Streik mitmachen, wenn sie von Jobverlagerungen aus dem Westen profitieren, sagte ein Analyst.

Die Unite-Funktionäre glauben dagegen, dass sie beispielsweise aus dem Tarifstreit mit dem britischen Chemie-Multi Ineos, der vor kurzem zur vorübergehenden Schließung der einzigen schottischen Ölraffinerie in Grangemouth geführt hatte, erfolgreich hervorgegangen wären, wenn es bereits eine internationale Allianz gegeben hätte.

Favorit im Ratespiel um den Namen der neuen "Weltgewerkschaft", um den bisher so ein großes Geheimnis gemacht wird, ist übrigens "United Global Workers Union".

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