Sozialdemokraten uneins: SPD knabbert an der Rente mit 67

Die SPD prüft, ob sie die Erwerbsminderungsrente für mehr Arbeiternehmer öffnen soll. Arbeitsminister Olaf Scholz ist dagegen, Fraktionschef Peter Struck ein bisschen dafür.

Peter Struck (l) möchte die Rente mit 67 abfedern, Olaf Scholz (r) weniger. Bild: dpa

Die SPD sucht einen Weg, wie sie die Härten der Rente mit 67 mildern kann - ohne die Idee der Rente mit 67 faktisch zu beerdigen. Das jüngste Beispiel dafür ist die Debatte über die Erwerbsminderungsrente, die einige SPD-Politiker wieder mehr Arbeitnehmern zugänglich machen wollen.

In einem Interview am Sonntag erklärte SPD-Fraktionschef Peter Struck, die SPD prüfe "gemeinsam mit Arbeitsminister Scholz" eine veränderte Erwerbsminderungsrente. Olaf Scholz dementierte prompt und ließ erklären, dass man im Arbeitsministerium keineswegs über Änderungen nachdenkt.

Die Erwerbsminderungsrente soll Älteren helfen, die gesundheitlich nicht mehr in ihrem Job arbeiten können. Rot-Grün hatte die Bedingungen für diese Rente 2001 deutlich verschärft. Jeder zweite Antrag wird derzeit abgelehnt. In vollen Genuss dieser Rente kommt nur, wer laut ärztlichem Gutachten keine drei Stunden täglich in seinem Beruf oder einer vergleichbaren Tätigkeit arbeiten kann. Wenn jemand noch Teilzeit in seinem Beruf ackern könnte, es aber keine Teilzeitjobs gibt, ist auch eine volle Erwerbsminderungsrente möglich. Das Entscheidende: Sobald eine Tätigkeit von sechs Stunden täglich denkbar ist, entfällt jeder Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, unabhängig von der Arbeitsmarktlage.

Für die 47-Jährigen und Jüngeren gilt sogar noch eine strengere Regelung. Für sie fällt nämlich der Berufsschutz weg. Wenn die angeschlagene Krankenschwester noch sechs Stunden als Pförtnerin arbeiten könnte, bekommt sie die Leistung nicht- ganz gleich, wie die Arbeitsmarktsituation aussieht.

Das Thema ist verzwickt. Und es herrscht Rätselraten, was die SPD will. Generalsekretär Hubertus Heil versuchte gestern die Wogen zu glätten: "Es gibt keinen Streit zwischen Struck und Scholz ." Vielmehr gebe es eine SPD-Arbeitsgruppe, die bis zum Herbst Änderungen der Erwerbsminderungsrente prüfen werde. Die Ergebnisse dieser von Fraktionsvize Elke Ferner geleiteten Arbeitsgruppe werde die SPD dann prüfen. Will sagen: Das Ganze ist erst mal vertagt.

Parteivizechefin Andrea Nahles sagte der Frankfurter Rundschau, die SPD wolle "bei der Erwerbsminderungsrente kein Scheunentor" zur Umgehung der Rente mit 67 öffnen. Die Erwerbsminderungsrente dürfe aber auch "kein Nadelöhr sein". In Deutschland bekämen weniger Arbeitnehmer mit angeschlagener Gesundheit solche Leistungen als etwa in anderen EU-Staaten.

Die CDU reagierte skeptisch auf die SPD-Debatte. Sie fürchtet, dass die SPD strategisch soziale Themen für den Wahlkampf 2009 besetzt. Die Linkspartei kritisierte, dass die SPD von der Rente mit 67 ablenke. Vor allem ist diese kleine Debatte ein Déjà-vu-Erlebnis. Denn bereits im Herbst 2007 diskutierte die SPD über eine neue Erwerbsminderungsrente und verwarf sie. Damals hatte Kurt Beck die Verlängerung des ALG I gegen Franz Müntefering durchgesetzt und dafür auf eine veränderte Erwerbsminderungsrente verzichtet. Dass die SPD 2009 mit Altersteilzeit und Erwerbsminderungsrente Wahlkampf macht, ist unwahrscheinlich. Schon weil "Erwerbsminderungsrente" schwer über die Lippen geht.

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