EU akzeptiert kein Nein: Iren sollen noch mal abstimmen

Vorschläge, um den Iren ein neues Referendum über den EU-Vertrag abzunötigen, häufen sich. Abstruserweise sind die Iren laut "Eurobarometer" die begeistertsten Europäer.

Auch die Proteste rechter EU-Parlamentarier dürfen wenig helfen: In Brüssel will man ein Ja aus Irland hören. Bild: dpa

DUBLIN taz Die Iren werden wohl noch mal abstimmen müssen. Die Architekten des EU-Vertrags von Lissabon nehmen Irlands Nein beim Referendum vor gut zwei Wochen nicht hin. Der Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses im französischen Parlament, Axel Poniatowski, sagte, es gebe keinen anderen Ausweg als einen neuerlichen irischen Volksentscheid binnen eines Jahres. Man hat der irischen Regierung bis Oktober Zeit gelassen, Vorschläge zu machen, um den Iren den Vertrag zu versüßen.

Eine Möglichkeit, die von den Regierungen in Berlin und Paris erwogen wird, ist die Beibehaltung von 27 EU-Kommissaren. Der Lissabon-Vertrag sieht vor, die Zahl auf 18 zu reduzieren, sodass jedes Mitgliedsland in 5 von 15 Jahren auf einen Kommissar verzichten muss.

Eine erste Untersuchung der EU-Kommission fand allerdings heraus, dass der Hauptgrund für die Ablehnung die Unverständlichkeit des Vertragstextes war. Daran lässt sich kaum etwas ändern. Der irische Premierminister Brian Cowen erklärte dem Dubliner Parlament vorgestern, dass es noch zu früh sei, um "Auswege aus dem Dilemma" aufzuzeigen. EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy werde am 11. Juli zu intensiven Diskussionen über die Vorgehensweise nach Dublin kommen, sagte Cowen. Außerdem will er prüfen lassen, welche Teile des Lissabon-Vertrags überhaupt ein Referendum für die Ratifizierung erfordern.

Einige Strategen der Regierungspartei Fianna Fáil meinen, man müsse Sinn Féin, den politischen Flügel der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), auf die Ja-Seite ziehen, um den Erfolg sicherzustellen. Der Sinn-Féin-Abgeordneter Caoimhghín Ó Caoláin sagte jedoch, es sei eine Beleidigung der irischen Wähler, wenn die anderen EU-Regierungen behaupten, sie respektieren das irische Votum, während sie gleichzeitig den Ratifizierungsprozess fortsetzten. Der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, sagte, die irische Regierung solle den Stier bei den Hörnern packen und das zweite Referendum mit der Frage nach dem Verbleib in der EU verknüpfen. Davor schreckt Dublin aber noch zurück, weil es zu sehr nach Erpressung aussähe und sich bei den nächsten Parlamentswahlen rächen könnte.

Den Lissabon-Vertrag könnte man so allerdings durchboxen, denn die Iren sind laut dem neuesten "Eurobarometer", das alle zwei Monate die Befindlichkeiten der Bürger in Bezug auf die EU misst, bei weitem die begeistertsten Europäer. 82 Prozent finden, dass ihr Land von der EU profitiert habe. Im europäischen Durchschnitt glauben das nur 54 Prozent. Und 80 Prozent der Wähler, die gegen den Lissabon-Vertrag gestimmt haben, sehen die EU-Mitgliedschaft überaus positiv. RALF SOTSCHECK

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