Taktieren um die Präsidentschaftskandidatin: Schwan noch keine lahme Ente

Die Herzen der Grünen fliegen Gesine Schwan zu - das Verhältnis zur Linken ist frostig. Die suchen darum einen eigenen Kandidaten. Chancenlos ist Schwan deshalb nicht.

Trotz Hadern mit der Linken: Gesine Schwan geht in die Charmeoffensive. Bild: dpa

Natürlich ist Gesine Schwan die Kandidatin der Grünen. "Die Herzen vieler Kolleginnen und Kollegen fliegen Frau Schwan zu", erklärt der parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck, nachdem die SPD-Kandidatin am Dienstag die grüne Bundestagsfraktion besucht hat.

Offiziell behaupten grüne Spitzenpolitiker allerdings weiterhin, dass ein eigener grüner Kandidat möglich ist. Und es gibt auch dissidente Stimmen. Etwa die Afrika-Politikerin Uschi Eid, die Horst Köhler wegen dessen Engagements für Afrika schätzt. Und der Chef der Heinrich Böll Stiftung, Ralf Fücks, der einen grünen Kandidaten will, um nicht "mir nichts, dir nichts" von der SPD vereinnahmt zu werden.

Doch im Grunde gibt es kein Zweifel, dass die Grünen Schwan wählen werden. Fraktionschefin Renate Künast hat durchblicken lassen, dass der offizielle Vorbehalt gegen ein Ja zu Schwan Taktik ist. Eine eigene Kandidatensuche werde nicht ernsthaft betrieben, so Künast. Man will bloß noch ein bisschen Spielraum - und Aufmerksamkeit behalten.

Weit frostiger ist die Stimmung derzeit zwischen Gesine Schwan und der Linkspartei. Die Linksfraktion, so Oskar Lafontaine gestern, wird sie erst mal nicht einladen. "Wir wollen nichts von ihr", so der Linksparteichef. Will sagen: Wenn Schwan etwas von der Linkspartei will, soll sie selbst anfragen.

Anfangs war die Linkspartei Schwan gegenüber noch recht gewogen gewesen. Doch nach zwei, drei Interviews, in denen Schwan Lafontaine als Demagogen und die Linkspartei als nur begrenzt demokratisch bezeichnet hatte, verflogen alle Sympathien. Ein führender Linksparteipolitiker meint vergrätzt: "Wir wählen doch keine Bundespräsidentin, die uns wie Schwererziehbare behandelt."

Obwohl Schwan in Interviews mittlerweile einen etwas moderateren Ton anschlägt, scheint die Linkspartei auf Konfrontationskurs umzuschalten. Bis jetzt galt, dass die Partei erst nach der Bayern-Wahl offiziell Stellung nimmt. Das ist hinfällig. Denn die Linkspartei wird einen eigenen Kandidaten nominieren. Als Erste hatte Vizechefin Katja Kipping diese Idee geäußert - nun ist sie Chefsache. Gysi, Bisky und Lafontaine führen derzeit Gespräche mit Kandidaten.

Die Suche wird nicht einfach. Denn der Kandidat muss irgendwie linksparteiaffin sein, aber am besten kein Parteimitglied. Er - oder noch besser sie - muss bereit sein, als Zählkandidat aufzutreten, denn die Chancen, gewählt zu werden, sind exakt null. Schon in den 90er-Jahren stellte die PDS mit der Theologin Uta Ranke-Heinemann eine eigene Kandidatin auf. Darüber, so Lafontaine, sei man hinaus. Man werde keine "Paradiesvögel" präsentieren. Hauptsache ein bisschen bekannt, das reicht nicht.

Die aktuelle Kandidatensuche begann allerdings mit einem Flop. Noch bevor sie von ihrem Glück, im Gespräch zu sein, überhaupt erfahren hatten, sickerte durch, dass die Linkspartei über die Schriftstellerin Christa Wolf und die Publizistin Daniela Dahn nachdachte. Gregor Gysi entschuldigte sich umgehend dafür.

Am besten, so die Linksparteipolitikerin Katina Schubert, wäre "jemand Überraschendes, etwa aus der Bürgerrechtsbewegung". Lafontaine wünscht sich hingegen offenbar eher einen Intellektuellen, der in einer Grundfrage - Kriegseinsatz, EU oder Wirtschaftspolitik - quer zum publizistischen Mainstream steht.

Schwan wird im Mai 2009 fast alle Stimmen von SPD, Grünen und Linkspartei brauchen. Ist sie wegen ihrer harschen Linkspartei-Kritik schon jetzt chancenlos? Oskar Lafontaine weist jedenfalls immer wieder darauf hin, dass dies keine Heinemann-Wahl ist. 1969 hatten SPD und FDP Gustav Heinemann zum Bundespräsidenten gewählt und so den Regierungswechsel zu Willy Brandt vorbereitet. Weil die SPD nun keinen Wechsel wolle, so die Logik, müsse die Linkspartei Schwan auch nicht wählen.

Trotzdem ist die Tür zwischen Schwan und der Linkspartei noch nicht ganz zu. Auch Lafontaine sagt: "Wie wir im dritten Wahlgang wählen, das werden wir kurzfristig entscheiden." Trotz des Verdrusses über Schwan wäre es kein kluges Zeichen, wenn Köhler wegen der Linkspartei im Amt bliebe. Das weiß wohl auch Lafontaine.

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