Alltag in Simbabwe: Wasser marsch um ein Uhr nachts

Wertloses Geld und Rationierung von Strom und Wasser: Ein Tag im Leben von Tanyaradzwa Mutola, Staatsangestellte in Simbabwes Hauptstadt Harare.

HARARE taz Jeden Tag wird Tanyaradzwa Mutola (Name geändert, d. Red.) um ein Uhr morgens wach. Das ist der Zeitpunkt, zu dem es in Simbabwes Hauptstadt Harare Strom und Wasser gibt. Es rasselt und rauscht in den Leitungen, Wasser sprudelt aus den offenen Hähnen. Ganz Harare ist nun auf den Beinen, mitten in der Nacht, und sammelt Wasser in Eimern und Töpfen.

"Da kann ich auch bügeln und das Abendessen kochen", erzählt die 36-jährige Mutola. Abendessen? "Ja, Abendessen. Ich muss den Brei für meinen Mann und meinen Sohn für den nächsten Tag fertig machen, denn um sechs Uhr werden Wasser und Strom wieder abgestellt."

Viel Zeit zum Schlafen bleibt ihr nicht. Um 6 Uhr 30 muss Mutola an der Bushaltestelle sein: Sie ist Sekretärin im Innenministerium. Arbeitsbeginn ist um 8 Uhr. Für eine 40-Stunden-Woche verdient sie dort 25 Milliarden Zim-Dollar im Monat, Simbabwe ist ein Land der Hyperinflation. Die kleinste Recheneinheit ist inzwischen eine Milliarde: Dafür gibt es einen Kaugummi, ein Ortstelefonat oder eine Schachtel Streichhölzer. Straßenkinder weisen 100-Millionen-Dollar-Scheine empört ab. Kaufen können sie sich damit rein gar nichts.

Ende Juni wird Mutola nicht mehr 25 Milliarden Dollar bekommen, sondern 250 Milliarden: ein Wahlkampfgeschenk der Regierung. "Aber die Preise für Wasser, Strom, Essen, Miete und alles andere sind auch verzehnfacht worden", schimpft sie. "Wir müssen jetzt sogar auf Seife, Fleisch, Eier und Brot verzichten. Unsere Stimmen kriegt die Regierung damit nicht."

Warum geht sie überhaupt noch arbeiten? Um Geld zu verdienen, sagt sie, und damit meint sie nicht ihr Gehalt. "Wir benutzen die Schreibtische, Telefone und Arbeitszeit für unsere Privatgeschäfte." Dafür muss sie nicht einmal ihre eigentliche Tätigkeit aufgeben. Jeden Tag drängeln sich tausende Menschen im Innenministerium - sie brauchen neue Ausweise oder Pässe, Geburts- und Sterbeurkunden. Die notwendigen Formulare zu ergattern, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Außer man hat Geld. "Wer etwas hat, kann uns während der Mittagspause oder nach Dienstschluss aufsuchen, natürlich gegen Bezahlung", sagt die Sekretärin, seit 14 Jahren im Dienst.

Jeden Tag arbeitet sie bis 17 Uhr und sucht dann einen Bus nach Hause. Das kann zwei Stunden dauern, und da liegt ihr Wohnviertel Mufakose schon im Dunkeln, vom Flackern des Kerzenlichtes abgesehen.

Dann holt sie ihre Eimer, die sie in der Nacht zuvor mit Wasser gefüllt hat, und wärmt auf einem offenen Feuer den Brei auf, den sie in der Nacht zuvor gekocht hat. Das ist das Abendessen: Maismehl, genannt "sadza". Nach dem Essen wird die Toilette gespült - so sparsam wie möglich - und das kleine Zwei-Zimmer-Häuschen saubergemacht. Was an Wasser übrig ist, dient zum Waschen. Bei Kerzenlicht passt sie auf ihren Sohn auf, während er Hausaufgaben macht. Um 22 Uhr fällt sie müde ins Bett. Drei Stunden Zeit hat sie zum Schlafen, bevor wieder die Hausarbeit ruft. GODFREY KARORO

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.