LESERINNENBRIEFE
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Nicht auf Augenhöhe

■ betr.: „Little Miss America“ u. a., taz vom 26. 1. 13

Viele Frauen, die sich „zurecht“machen, bedienen sich dabei pornografischer Muster, ohne dies allerdings zu bemerken. Wie auch, wird ja mittels Fernsehen und Reklame schon lange salonfähig gemacht und als Standard präsentiert. Zudem kriegt man ausnahmslos rasierte Beine und Achseln zu sehen; keine Haare an diesen Stellen ist aber ein charakteristisches Merkmal von Kindern. Viele Männer, die ja nun ob der Ambivalenz solcher Signale sich wenigstens irritiert zeigen müssten, bemerken aber auch nichts, sondern identifizieren Frauen einfach mit Sexualität und verhalten sich dementsprechend eklig. Was bedeutet, dass sie Frauen von vornherein nicht auf Augenhöhe begegnen. Leider richten Frauen sehr häufig mit ihrer Kleidung den Blick auf ihre körperlichen Attribute; und alle sind aufgefordert, so zu tun, als täten sie es nicht. Zweijährige Schönheits„königinnen“ passen da voll in die Logik. Diese Reportage aus der sonntaz zeigt wunderbar, wie Frauen frühzeitig auf diese Selbst-Verobjektifizierung inklusive Verleugnung geradezu gedrillt werden. Machen wir uns doch nichts vor: Das funktioniert hierzulande lediglich subtiler. MARION GNUSCHKE, Kassel

Sexismus ist ein Problem

■ betr.: „FDP-Herren halten zu Brüderle“, taz vom 28. 1. 13

„Die grundsätzliche Gleichheit von Mann und Frau ist der einzige Weg, der zur Einigkeit der Menschen führen kann.“ Flora Tristan, die Urheberin dieses Zitats, kämpfte im 19. Jahrhundert um ihre Rechte als Frau, ein eigenständiges Leben führen zu dürfen. Knapp 150 Jahre später profitieren heute viele Menschen weiblichen Geschlechts von ihrem Kampf um die Gleichberechtigung – zumindest in der Theorie. Die Praxis sieht heute trotz scheinbar moderner Demokratie anders aus. Theoretisch stehen Frauen dieselben Chancen wie Männern offen. Sie dürfen Universitäten besuchen, sich scheiden lassen und selbst über sich und ihren Körper entscheiden. Dass sie in einer männerdominierten Welt, die sich über Jahrhunderte in den Köpfen der Menschen manifestiert hat, andauernden Repressionen ausgesetzt sind, möchte man anscheinend nicht realisieren.

Die Debatte um Sexismus hat sehr wohl etwas mit Frauenrechten zu tun, denn eine Frau sollte das Recht haben, nicht als Objekt angesehen zu werden. Geschlechtsspezifische Repressionen und der daraus resultierende Sexismus dürfen weder Frau noch Mann betreffen. Dass Menschen weiblichen Geschlechts öfter hiervon betroffen sind, ist kaum von der Hand zu weisen. Diese Tatsache sollte Frauen nicht pauschal eine Opferrolle zusichern, doch umso mehr die Weitsichtigkeit für dieses wichtige Thema veranlassen. Sexismus ist ein Problem in den Köpfen der Menschen, das nicht erst sein Brüderles Eskapade aufgekommen ist. Umso wichtiger ist es, dass die Debatte endlich mal dazu genutzt wird, auch inhaltlich dagegen vorzugehen! IWAN ZIMMERMANN, Arnsberg

Die Situation ist zu berücksichtigen

■ betr.: „FDP-Justizministerin: ‚Wo ist da die Beleidigung?‘“,taz vom 1. 2. 13

Wenn sich schon die Öffentlichkeit an dem „Dirndl-Satz“ abarbeitet, den Herr Brüderle gegenüber der Journalistin Himmelreich gebraucht haben soll, so erwarte ich doch von der Bundesjustizministerin, dass sie in ihrer Beurteilung die Situation berücksichtigt. Und da ist, immer vorausgesetzt, es hat sich so zugetragen, wie Laura Himmelreich es beschreibt, entscheidend, dass die Journalistin zweimal Fragen stellt, die sich auf die zukünftige Funktion und die gerade gehaltene Rede von Rainer Brüderle beziehen. Dass dieser dann gar nicht auf die Fragen eingeht, sondern persönlich wird, ist die eigentliche Kränkung. Dadurch wird die Professionalität der Journalistin ignoriert, sie wird zu einer jungen Frau ohne berufliche Funktion, mit der der ältere Mann auf ausgesprochen plumpe Art anzubandeln versucht. Wäre es nur das, könnte man den „Fall“ mit den Worten abhaken: „Du liebe Zeit, der Mann kann nicht einmal charmant flirten!“ So aber versucht Rainer Brüderle das Gespräch umzufunktionieren, entgegen der Intention der Frau, die dann schließlich darauf besteht, dass es professionell zugehen soll. Das ist beleidigend und verdient Kritik, mehr als der Dirndl-Satz. So viel Analysefähigkeit sollte man und frau eigentlich bei einer Justizministerin erwarten dürfen.

URSULA MÜLLER, Kiel

Mittelvergabe neu strukturiert

■ betr.: „Die Ursachen für privates Sponsoring aufdecken“,taz vom 30. 1. 13

Seit einiger Zeit wurde an den meisten Hochschulen die Mittelvergabe neu strukturiert, um „die Autonomie der Hochschulen zu stärken“. Das sieht dann so aus, dass die Hochschulen neben der normalen Budgetierung einen gewissen Prozentsatz als „Leistungsorientierte Mittelvergabe“ (LOM) erhalten. In den Fachbereichen muss dann eine gewisse Umverteilung der Mittel erfolgen, wobei die eingeworbenen und verausgabten Drittmittel (im Bereich der Forschung) eine Rolle spielen. Die Höhe dieser Drittmittel geht nämlich in die Berechnung der LOM ein. Dies soll „Anreize zur Steigerung der akademischen Leistungen“ erzielen. Es kann sich also fast kein Fachbereich mehr erlauben, keine Drittmittel einzuwerben, da die Mittel der Grundausstattung öfter gekürzt wurden. Bei Berufungen kommt daher meist einE BewerberIn zum Zuge, der/die bereits ein fertiges Projekt vorzuweisen hat. Daneben gibt es Stellen für MitarbeiterInnen, die vorwiegend mit der Beantragung von Drittmittelprojekten beschäftigt sind. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel