Kommentar Friedensofferten in Nahost: Ein riskantes Kalkül

Die USA und Israel zielen ganz offensichtlich darauf ab, die erstarkte Regionalmacht Iran von ihren arabischen Verbündeten zu isolieren.

Man kann sich nur verwundert die Augen reiben angesichts all der Friedensschalmeien, die derzeit im Nahen Osten erklingen. Da ist zuerst die Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas, die sich bislang mit gegenseitiger Vernichtung bedrohten. Da sind die indirekten Gespräche zwischen Israel und Syrien, die möglicherweise zu einem Treffen zwischen Baschir al-Assad und Ehud Olmert nächsten Monat in Paris führen. Und da steht ein Friedensangebot Israels an den Nachbarn Libanon, in dem die 2006 noch mit Krieg überzogene pro-iranische Hisbollah eine Schlüsselrolle innehält. Ein wenig in den Hintergrund geraten, aber dazugehörig ist das ehrgeizige Ziel der USA, noch in diesem Jahr ein Abkommen zwischen Israel und den Palästinensern zu vermitteln.

Es ist nicht zu übersehen, dass die USA und Israel im Verbund mit Ägypten und Saudi-Arabien die Absicht verfolgen, die Brandherde an Israels Grenze einzudämmen oder gar auszutreten. Es dürfte freilich kein Zufall sein, dass es sich bei den avisierten "Friedenspartnern" - Syrien, Hisbollah und Hamas - um ebenjene Kräfte handelt, die als arabische Speerspitze des Mullah-Regimes im Iran anzusehen sind. Die USA und Israel zielen ganz offensichtlich darauf ab, die erstarkte Regionalmacht Iran von ihren arabischen Verbündeten zu isolieren. Indem man den bisherigen arabischen "Hardlinern" Kompromisse anbietet und ihre Anliegen nicht von vornherein delegitimiert, sollen sie aus ihrer Bündnisposition mit dem Iran herausgebrochen werden. Ein denkbarer Militärschlag Israels und der USA gegen die Atomeinrichtungen des Iran - so das Kalkül - würde nicht automatisch zu militärischen Gegenreaktionen der bisherigen arabischen Partner des Iran führen.

Ohne Erfolgsaussicht ist ein solcher Kurs nicht, da die Interessen Syriens, der Hisbollah und der Hamas keineswegs mit den iranischen übereinstimmen. Die Gefahr liegt jedoch darin, dass ein US-israelischer Militärschlag eine iranische Reaktion provoziert, die die ganze Nahostregion in Brand setzt. Dann dürften die alten Erzfeindschaften wieder hervorbrechen.

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61, ist Redakteur im Ausland und gelegentlich Chef vom Dienst. Er arbeitet seit 1995 bei der taz, für die er schon in den 80iger Jahren geschrieben hat. Derzeit ist er zuständig für die Europäische Union und Westeuropa. Vor seiner langjährigen Tätigkeit als Blattmacher und Titelredakteur war Georg Baltissen Korrespondent in Jerusalem. Noch heute arbeitet er deshalb als Reisebegleiter für die taz-Reisen in die Palästinensische Zivilgesellschaft. In den 90iger Jahren berichtete er zudem von den Demonstrationen der Zajedno-Opposition in Belgrad. Er gehörte zur ersten Gruppe von Journalisten, die nach dem Massaker von 1995 Srebrenica besuchte.

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