Nach der Kündigung durch NRW-Verbund: Bahn kämpft um jeden Zug
Die Deutsche Bahn will "mit allen juristischen Mitteln" gegen den Verlust zahlreicher Regionallinien in Nordrhein-Westfalen vorgehen. Ein Schlichtungsversuch am Dienstag half nicht.
DÜSSELDORF taz Es ist eine heikle Mission, die Oliver Wittke (CDU) übernommen hat, Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister soll vermitteln: zwischen der Deutschen Bahn (DB) und dem Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR). Es geht um zu späte, zu dreckige und zu unsichere Züge und um viel Geld. Denn der Bahn droht der Verlust eines ihrer lukrativsten Kunden im Regionalverkehr. Aber nach einem Treffen am Dienstag in Wittkes Ministerium in Düsseldorf ist keine Verständigung in Sicht.
Vier Millionen Zugkilometer kauft der VRR jährlich ein, für 80 Prozent davon ist die DB Regio NRW Vertragspartner. Das Geschäft mit Deutschlands größtem Verkehrsverbund beschert der Bahntochter jährlich einen Umsatz von rund 400 Millionen Euro. Schon seit längerem gibt es Streit. Denn der Verbund meint, zu viel für zu schlechte Nahverkehrsleistungen der DB zahlen zu müssen. Schon im vergangenen Jahr hat der VRR seine monatlichen Zahlungen an die Bahn einseitig gekürzt. Rund 80 Millionen Euro soll er einbehalten haben. Dieser Fall ist derzeit vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen anhängig.
Am vergangenen Donnerstag kündigte der VRR dann seinen Verkehrsvertrag mit der Bahn fristlos. Die Begründung: grobe Vertragsverletzungen beim Sicherheitsservice. Anstelle der von der Bahn-Tochter DB Regio NRW zugesicherten Quote, in 90 Prozent der Züge nach 19 Uhr zu patrouillieren, hätten Kontrollen ergeben, dass nur in 17 Prozent Sicherheitspersonal mitgefahren sei. Die Bahn spare zu Lasten der Kunden, so VRR-Vorstand Martin Husmann.
Die Bahn wies die Vorwürfe als "absolut haltlos" zurück. Die im Rahmen des eigentlich noch bis 2018 laufenden Vertrages vereinbarten Sicherheitsleistungen seien von DB Regio NRW vollständig erbracht worden. Sie würden "gegen die unhaltbaren Vorwürfe des VRR mit allen juristischen Mitteln vorgehen", sagt der Vorstandsvorsitzende von DB Regio, Ulrich Homburg.
Für die Kunden besteht vorerst kein Grund zur Sorge: Mit einer sogenannten Auferlegung hat der VRR die Bahn dazu verpflichtet, den Verkehr ihrer Regionalzüge und S-Bahnen im gewohnten Takt zu garantieren. Das EU-Beihilferecht macht es möglich.
Leser*innenkommentare
abc
Gast
Schade, dass man in Berlin und Brandenburg nicht so konsequent ist und sich die Bahn hier so ziemlich alles erlauben kann... man betrachte nur die Berliner S-Bahn, deren noch vor einigen Jahren recht gute Qualität beständig sinkt. Verschmutzungen mögen ein gesellschaftliches Problem sein, ständige Verspätungen und Betriebsstörungen und Neubauzüge, deren mangelnde Wartung sich in entsprechenden Fahreigenschaften niederschlägt, weniger. Dahinschleichenden Regional-"Express"-Züge, beispielsweise von Berlin nach Cottbus (entgegen aller Unkenrufe eine Stadt mit 100.000 Einwohnern, zwei Hochschulen und wichtiger Knotenpunkt zwischen Berlin, Görlitz, Frankfurt, Dresden und Leipzig), unzumutbare Sitzabständen (zumindest für Fahr"gäste" über 1,60 m) und - zumindest auf einigen Linien - uralte Züge, die weder Klimaanlage noch ordentlich zu öffnende Fenster haben ("Lüftungsschlitze" wäre dafür als Bezeichnung angebrachter...)sind weitere Beispiele.
Also, hoffentlich macht das Beispiel des VRR in ganz Deutschland Schule, eine andere Sprache als die des Geldes scheint die Bahn AG ja nicht mehr zu verstehen. (Wobei natürlich im Ernstfall mit anderen Eisenbahnunternehmen genauso verfahren werden muss.)