Sekten: Neue Hotline für Sektenopfer

Berlin hat jetzt eine Leitstelle für Sektenfragen. Sie soll nicht selbst beraten, sondern Interessierte und Betroffene an die richtigen Stellen vermitteln. Anlass sind vor allem die gestiegenen Aktivitäten von Scientology seit dem Frühjahr 2007

Protest gegen Scientology Bild: reuters

Manche Bundesländer haben einen Sektenbeauftragten. Berlin besitzt eine Leitstelle für Fragen zu Sekten. Offiziell beschlossen wurde ihre Einrichtung vergangenen Donnerstag im Bildungsausschuss des Abgeordnetenhauses. Am Montag im Innenausschuss warf die CDU Innensenator Ehrhart Körting (SPD) aber vor, die Leitstelle sei ein zahnloser Tiger. "Sie hat weder Kompetenzen noch Befugnisse", kritisierte die CDU-Abgeordnete Monika Thamm.

Körting verteidigte sich damit, dass die Leitstelle nicht in seinen Zuständigkeitsbereich falle. Sie sei bei der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung angesiedelt. Mehr Erfolg mit seiner Kritik hatte der FDP-Abgeordnete Björn Jotzo. Er warf Körting vor, auf den Internetseiten der Senatsverwaltung für Inneres mangelhaft über Psycho-Sekten aufzuklären. Darauf Körting: "Wir werden schauen, wie wir den Internetauftritt verbessern können."

Von dem ursprünglichen Vorhaben, einen Sektenbeauftragten einzusetzen, war die Regierungskoalition nach einigen Diskussionen mit Fachleuten abgerückt. Kirstin Fussan, Referentin bei der Bildungsverwaltung, begründete die Entscheidung am Montag gegenüber der taz so: Ein Sektenbeauftragter stelle eine Projektionsfläche dar. "Sekten suchen sich ein Feindbild." Um eine solche Personifizierung zu vermeiden, habe man sich für die Leitstelle entschieden. Die Mitarbeiter - bewilligt worden sind zweieinhalb Stellen - verstünden sich als Team. Die Leitstelle soll vor allem eine koordinierende Funktion haben. So erklärt sich auch der grauenhafte Name: "Leitstelle für Fragen zu Sekten und konfliktträchtigen Anbietern auf dem Psycho- und Lebenhilfemarkt".

In dem beschlossenen Antrag der rot-roten Regierungskoalition zur Einrichtung der Leitstelle heißt es: "Insbesondere die gestiegenen Aktivitäten der Scientology-Organisation in Berlin haben zu einem verstärkten Bedarf an Information und Beratung geführt". Scientology hatte Anfang 2007 in Berlin eine Hauptstadtrepräsentanz eröffnet.

Zielgruppen der Leitstelle seien vor allem Kinder und Jugendliche. Es bedürfe "eines staatlichen Hilfsangebots", um die Betroffenen schnell und unkompliziert an andere Behörden wie Jugendämter, Familiengerichte, Polizei und Verfassungsschutz vermitteln zu können. Diese vermittelnde Funktion soll laut Fussan das Team der Leitstelle wahrnehmen. Für ratsuchende Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrer gebe es zahlreiche Beratungs- und Betreuungsangebote in Berlin. Auch in jeder Senatsverwaltung gebe es einen Fachmann für Sektenfragen.

Die CDU drängte im Innenausschuss auf die Einrichtung eines "Kompetenzzentrums" nach dem Vorbild vom Hamburg. Dort wird Scientology-Aussteigern auf diesem Wege Hilfestellung geleistet.

Auf der Innenminister-Konferenz (IMK) im Dezember erging der Beschluss, dass Scientology "mit dem Ziel eines Verbots" beobachtet werde solle. Es gebe "die gemeinsame Einschätzung, dass Scientology eine Organisation ist, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt", sagte Körting, damals IMK-Vorsitzender.

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