FDP-Abgeordneter über Kreml-Chef: "Russland sagt nur, was es nicht will"

Für den FDP-Bundestagsabgeordneten Michael Georg Link kann es eine strategische Partnerschaft mit Russland nur geben, wenn Moskau seine Blockadehaltung aufgibt.

Angela Merkel redet, Dmitri Medwedjew ist skeptisch. Bild: rtr

taz: Herr Link, erwarten Sie, dass der neue Präsident Dmitri Medwedjew in der russischen Außenpolitik andere Akzente setzen wird?

Michael Link: Atmosphärisch tut er das ja schon. Dimitri Medwedjew tritt anders auf als Putin. Aber auch inhaltlich sehe ich schon neue Akzente. Zum Beispiel seine Ankündigung, das neue Mediengesetz zurückzuweisen, weil es die Medienfreiheit weiter einschränkt. Das ist ein erster konkreter Punkt.

Präsident Medwedjew ist nach seiner Amtseinführung zuerst nach Kasachstan und China gereist. Wie beurteilen Sie das?

Medwedjews Reise nach Kasachstan war ein eindeutiges Signal an China, dass Russland nicht gewillt ist, Zentralasien Peking als Einflussbereich zu überlassen. Aber das war auch ein Signal an den Westen, dass Moskau im Bereich der Energieaußenpolitik daran interessiert ist, alle wichtigen Pipelineverbindungen in Richtung Westen über russisches Territorium laufen zu lassen.

Medwedjew hat viel vom Ausbau des Rechtsstaates gesprochen. Angela Merkel hält das für ein gutes Signal. Ist die Kanzlerin zu optimistisch?

Angela Merkel betreibt hier nur Kremlastrologie. Man muss den neuen Präsidenten beim Wort nehmen und hoffen, dass er sich mit der Zeit einen eigenen Spielraum gegenüber seinem Vorgänger und jetzigen Regierungschef Putin erarbeitet.

Bundesaußenminister Steinmeier setzt auf eine Partnerschaft mit Russland im Sinne der Modernisierung. Wie sollte Berlins Beitrag zu dieser Modernisierung aussehen?

Für Steinmeier bedeutet Modernisierungspartnerschaft eine notwendige Konkretisierung der strategischen Partnerschaft. Ein wichtiger Punkt ist, dass die russische Verwaltung nach transparenten und rechtstaatlichen Prinzipien organisiert werden soll. Zwar ist das ein Prozess über zehn, zwanzig Jahre. Dennoch befürwortet auch die FDP diese Modernisierungspartnerschaft. Doch bei großen Themen, wie Iran, Raketenabwehr und Kosovo, brauchen wir eine konstruktive russische Mitwirkung. Der Außenminister sollte seinen Kollegen Lawrow fragen, wo denn seine Vorschläge sind, um diese Probleme innerhalb der strategischen Partnerschaft zu lösen. Russland sagt immer nur, was es nicht will. Wenn Steinmeier in Russland einen strategischen Partner sieht, darf Moskau nicht immer nur ein Verhinderungspartner sein. Ohne konstruktive russische Vorschläge kann es keine strategische Partnerschaft geben.

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Berlin und Moskau florieren. Sehen Sie die Gefahr, dass politische Prämissen wirtschaftlichen Erwägungen untergeordnet werden?

Zunächst einmal muss die Bundesregierung zu einer klaren, gemeinsamen außenpolitischen Linie gegenüber Russland kommen. Beim Außenminister steht die strategische Partnerschaft im Vordergrund. Die Kanzlerin gibt sich kritischer. Im Rahmen einer gemeinsamen Linie dürfen nicht Wirtschaftsinteressen in den Vordergrund gestellt und gleichzeitig mit der Modernisierungspartnerschaft die anderen Probleme vernachlässigt werden. Modernisierungspartnerschaft heißt eben auch, dass schnell Fortschritte bei der Entwicklung zum Rechtsstaat erzielt werden müssen.

Angela Merkel will mit Medwedjew auch kontroverse Themen ansprechen. Was sollte auf der Tagesordnung stehen?

Das Thema der Medienfreiheit. Wenn wir etwas in den deutsch-russischen Beziehungen erreichen wollen, sollten wir im Blick haben, dass Russland wieder zu einer pluralistischen Gesellschaft werden muss. Da wird es wohl keine Gemeinsamkeiten mit der gegenwärtigen russischen Führung geben. Auch beim Thema Kosovo brauchen wir einen konstruktiven Beitrag der russischen Seite. Wichtig ist auch, dass Russland die jungen EU-Mitgliedstaaten in ihrer neuen Rolle akzeptiert - als Staaten, die nun ebenfalls die Brüsseler Politik mitbestimmen. Russland will stets an den EU-Institutionen vorbei mit einzelnen EU-Ländern Politik machen. Die EU darf sich aber nicht auseinanderdividieren lassen.

INTERVIEW: BARBARA OERTEL

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