Milchbauernprotest zeigt Wirkung: Lidl macht die Milch teurer

Der Disounter erhöht ab Montag den Verkaufspreis für Milch. Die Bauern wollen ihren Lieferstopp an die Molkereien aber weiter fortsetzen. Heute demonstrieren sie in Berlin.

Lidl macht's vor, die anderen Discounter werden nachziehen: Die Milch ist nicht mehr so billig zu haben wie bisher. Bild: dpa

BERLIN/NECKARSULM dpa/ap Die deutschen Milchbauern haben im Kampf um höhere Preise erste Erfolge erzielt. Der Discounter Lidl will vom kommenden Montag an in seinen Filialen den Verkaufspreis je Liter Milch um zehn Cent erhöhen. Die REWE-Gruppe wird diesem Schritt voraussichtlich folgen. Die erste Molkerei erhöhte am Mittwoch den Preis, den sie den Landwirten zahlt, auf 43 Cent pro Liter Milch.

Insgesamt müssten sich die Verbraucher in Deutschland auf steigende Preise für Milchprodukte einstellen. Die Preise werden in den nächsten Wochen anziehen, erwartet die bundesweit größte Molkerei Nordmilch laut einem Bericht der Bild-Zeitung. "Auf den internationalen Märkten wird Rohmilch in nächster Zeit knapp. Verbraucher müssen sich auf steigende Preise bei Käse, Joghurt und Quark einstellen", sagte Nordmilch-Vorstand Martin Mischel der Zeitung.

Ungeachtet der Ankündigung von Lidl wollen die Milchbauern ihren Lieferstopp an die Molkereien dennoch fortsetzen, wie der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) am Mittwochabend in Berlin ankündigte. An diesem Donnerstag sei ein Gespräch mit dem Milchindustrieverband über die künftige Preisgestaltung vorgesehen, sagte der BDM-Vorsitzende Romuald Schaber.

Für Donnerstagmittag kündigte der BDM eine Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin an, zu dem mehrere tausend Milchbauern aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden erwartet würden. Der Deutsche Bauernverband (DBV) erklärte den Donnerstag zu einem "nationalen Milch-Aktionstag" und rief alle Milchbauern zur Teilnahme an diversen Veranstaltungen auf.

Die Supermarktkette Lidl teilte in Neckarsulm mit, die Erhöhung des Milch-Nettopreises um 10 Cent solle in vollem Umfang an die Erzeuger weitergegeben werden. BDM-Chef Schaber sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung", dem aber weitere folgen müssten. Ein REWE-Sprecher sagte zu der Ankündigung von Lidl: "Wenn sich dieser Preis im Markt behaupten sollte, wird sich die REWE Group marktkonform verhalten."

Mit der angekündigten Zahlung von 43 Cent je Liter gingen die Milchwerke Berchtesgadener Land-Chiemgau in Vorleistung, da beim Handel die notwendigen Preiserhöhungen erst durchgesetzt werden müssten. Derweil nahm das Bundeskartellamt offizielle Ermittlungen gegen den BDM auf.

Es werde überprüft, ob der Tatbestand des Boykottaufrufs erfüllt sei, sagte eine Behördensprecherin in Bonn. Dies wäre nach dem Kartellrecht nicht zulässig. Nach dem Wettbewerbsgesetz dürfen Unternehmen oder Verbände nicht zum Boykott aufrufen, wenn sie dadurch andere Unternehmen "unbillig" beeinträchtigen. BDM-Chef Schaber erklärte, man werde die Fragen des Kartellamts beantworten. Die Milchbauern ließen sich davon bei ihrem Lieferstopp aber nicht beeindrucken.

Möglichen Schadenersatzforderungen sah der BDM "gelassen entgegen". Er sei optimistisch, dass sich Molkereien und Bauern einigen werden, sagte BDM-Sprecher Franz Grosse. Mehrere Betriebe hatten Regressansprüche angekündigt. Unterdessen wurden die Supermärkte wieder im üblichen Umfang beliefert. "Alle Geschäfte verfügen über ausreichend Molkereiprodukte, um die Kunden zu versorgen. Die Lücken bei einzelnen Marken, die durch die Blockade punktuell entstanden waren, schließen sich schnell", teilte der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands HDE, Stefan Genth, mit.

Vor den Zentralen von Aldi Nord in Essen und Aldi Süd in Mülheim/Ruhr hatten sich am Mittwochmorgen Landwirte mit ihren Traktoren versammelt. Laut Bauernverband gab es auch bei Lidl in Neckarsulm Proteste. Dort traf Verbandspräsident Gerd Sonnleitner zu Gesprächen mit der Unternehmensführung zusammen. Dabei ging es nach Angaben des Bauernverbandes aber nicht um konkrete Verhandlungen.

Die Bauern wollen mit dem seit Dienstag voriger Woche andauernden Lieferboykott einen Milchpreis von 43 Cent je Liter erzwingen - und die große Mehrheit der Bevölkerung ist nach einer repräsentativen Forsa-Umfrage für das Magazin "stern" bereit, mehr für Milch zu zahlen. 88 Prozent zeigten Verständnis für eine Erhöhung um zehn Cent, wenn diese den Milchbauern in voller Höhe zugute käme. Sie können sich an einer Unterschriftenaktion des Bauernverbands im Internet beteiligen.

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