Welternährungsgipfel in Rom: Kein Konsens zu Biosprit in Sicht

Auf dem Treffen der Vereinten Nationen sehen viele Biosprit als Hauptursache der Preisexplosion bei Lebensmitteln. Brasiliens Präsident Lula hingegen schimpft aufs teure Öl.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kämpft für eine Konsens beim Thema Agrosprit Bild: dpa

ROM/BERLIN taz In diesem Punkt sind sich alle einig: Es gibt eine Krise - und auf die muss so schnell wie möglich reagiert werden. "Die Zeit des Redens ist vorbei, jetzt ist die Zeit zu handeln", erklärte denn auch Jacques Diouf, Generaldirektor der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) auf dem Ernährungsgipfel der Vereinten Nationen, der am Dienstag in Rom begonnen hatte.

Wie dem Hunger in der Welt und den gestiegenen Lebensmittelpreisen begegnet werden soll, darüber sind die Meinungen geteilt. Denn dafür müssten die Gipfelteilnehmer - Vertreter von Weltbank, Währungsfonds, sowie Dutzende Politiker - erst einmal dabei übereinstimmen, welchen Ursachen wie viel Bedeutung beigemessen wird.

"Wir sollten einen Konsens zu Biokraftstoffen erreichen", meinte denn auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Denn der verstärkte Anbau von Mais oder Raps für die Energiegewinnung macht Boden teurer - und auch das führt zu steigenden Getreidepreisen. Wie groß der Anteil allerdings an den Preissteigerungen ist, darüber sind sich Experten uneins. Für Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ist es "erschreckend", wenn versucht werde, "eine Ursache-Wirkungs-Kette zwischen Biokraftstoffen und steigenden Nahrungspreisen herzustellen". Diese Haltung sei "weder neutral noch unvoreingenommen", sagte er. "Es beleidigt mich, diese ausgestreckten Finger gegen Biokraftstoffe zu sehen - Finger, die mit Öl und Kohle beschmutzt sind." Lula bezeichnete es als "kurios", dass viele den Zusammenhang zwischen steigenden Öl- und steigenden Lebensmittelpreisen verschweigen. Steigende Ölpreise verteuern die Kosten für Dünger und Transport.

Die Antwort erfolgte prompt: "Jenseits dessen, was Lula erklärt hat, wirken die Beimischungsziele wie ein Staubsaugereffekt", meinte Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, dass es bis 2020 in Treibstoffen einen Biospritanteil von zehn Prozent gibt. Wieczorek-Zeul fordert ein Moratorium für die weitere Erhöhung der Biospritbeimischung.

Die FAO fordert, weltweit die gegenwärtige Biospritpolitik zu überprüfen. Daneben sollen Import- oder Exportschranken fallen und mehr Geld in die Landwirtschaft fließen. Denn laut FAO sind in den vergangenen Jahren die Investitionen in die Landwirtschaft um knapp 60 Prozent gesunken. "Und das, obwohl die Produktion steigen muss", sagte ihr Generaldirektor Diouf. Im südlichen Afrika etwa gebe es auf mehr als 80 Prozent der Anbauflächen keine Bewässerungssysteme.

Kurzfristig brauche es Nahrungsmittelhilfe. Aber wer bestimmt, was auf die Teller kommt? "Dabei muss auf lokale Bedürfnisse geachtet werden", sagt Hans-Joachim Preuß, Generalsekretär der Welthungerhilfe, zur taz. "Denn es ist problematisch, wenn eine Gesellschaft, die sich eigentlich von Hirse ernährt, Mais bekommt. In Kenia führte das dazu, dass verstärkt Mais angebaut wird, obwohl die klimatischen Bedingungen nicht ideal sind. Das bringt Missernten mit sich."

Bis Donnerstag beraten die Gipfelteilnehmer über Lösungsansätze. Dann soll ein gemeinsamer Aktionsplan verabschiedet werden.

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