Warnung vor Ernährungsproblem: Subventionspolitik vermehrt Hunger

In ihrem Agrarausblick warnen FAO und OECD vor einem weiteren Anstieg der Nahrungsmittelpreise. Sie rufen dazu auf, die Förderpolitik für Agrarkraftstoffe zu revidieren.

Sollten die Preise weiter steigen wird der Zucker bald teuer als die Erdbeeren. Bild: ap

Der Preisdruck bei den Lebensmitteln wird in den kommenden Jahren nicht nachlassen. Das prognostizieren die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO und der Industrieländerclub OECD in ihrem Agrarausblick 2008 bis 2017.

Die aktuellen Rekordpreise seien zwar zum Teil auf kurzfristige Faktoren wie Ernteausfälle, Panikkäufe und Spekulation zurückzuführen und würden nicht unbedingt gehalten. Dennoch dürften die Preise beim Rind- und Schweinefleisch in den nächsten zehn Jahren höher liegen als in den vergangenen zehn, prognostizieren die Experten. Zucker dürfte 30 Prozent teurer werden, Weizen, Mais und Magermilchpulver zwischen 40 und 60 Prozent, Butter mehr als 60 Prozent und Speiseöl mindestens 80 Prozent. Auch die Preisschwankungen könnten wegen des Klimawandels und der Spekulation von Hedgefonds stärker ausfallen. Darauf müsse die Politik reagieren.

"Heute leiden rund 860 Millionen Menschen an Hunger und Mangelernährung", sagte FAO-Generalsekretär Jacques Diouf. "Das zeigt, wie wichtig es ist, wieder stärker in Landwirtschaft zu investieren."

Im Vorfeld der Konferenz über Ernährungssicherheit, die in der kommenden Woche in Rom stattfindet, hat die FAO in einem Bericht vor möglichen Ernährungskrisen in 22 Ländern gewarnt, darunter Eritrea, Niger, Haiti und Liberia. Diese Länder seien Nettoimporteure von Lebensmitteln und hätten ohnehin schon mit chronischer Unterernährung zu kämpfen. Zusätzliche Preisanstiege könnten sie kaum noch verkraften. Diouf kritisierte, dass die internationale Gemeinschaft ihre Versprechen, den Kampf gegen Hunger zu forcieren, nicht erfüllt habe. Dringend nötig seien kurzfristige Hilfsmaßnahmen wie subventionierte Grundnahrungsmittel und Schulspeisungen sowie die Förderung des lokalen Anbaus etwa durch Saatgut und Dünger. 1,7 Milliarden US-Dollar würde solch ein Programm kosten, die FAO wolle mit 17 Millionen Dollar den Anfang machen.

Schuld an den drastischen Preissteigerungen sind laut Studie die hohen Ölpreise, Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, Verstädterung und neue Konsummuster. Mit Letzterem ist vor allem der steigende Fleischkonsum gemeint, durch den die Nachfrage nach Futtermitteln in die Höhe schießt. Dieser schon seit längerem zu beobachtende Trend sei durch den rapiden Zuwachs bei den Biokraftstoffen dramatisch verschärft worden. Zwischen 2000 und 2007 hat sich die Ethanolproduktion verdrei- und die Biodieselproduktion mehr als verzehnfacht. Allein daher rühre ein Drittel der langfristigen Preissteigerung bei Getreide und pflanzlichen Ölen, sagte OECD-Agrardirektor Stefan Tangermann: "Die EU, aber in noch stärkerem Maße die USA vermehren mit ihrer Subventionspolitik für Agrartreibstoffe den Hunger in der Welt." Wenn Regierungen über die Folgen hoher Nahrungsmittelpreise besorgt seien, könnten sie ja etwas tun: die Förderung der Agrarkraftstoffe zurückschrauben.

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