Neue Studie über Abholzung: Rodungen kosten Billionen

Das Abholzen der Wälder wird die Menschheit jährlich mit sechs Prozent der globalen Wirtschaftsleistung bezahlen, zeigt eine Studie. Die Natur zu schützen wäre billiger.

Armer Wald. Bild: ap

BONN taz Beim Klimawandel hat es gut funktioniert: Nachdem der britische Ökonom Nicolas Stern Ende 2006 die finanziellen Kosten des Klimawandels berechnet hatte, bekam das Thema neue Aufmerksamkeit. Denn schnell war klar: Nicht zu handeln wird teurer als Gegenmaßnahmen. Auf einen ähnlichen Effekt hofft Bundesumweltminister Sigmar Gabriel auch beim Artenschutz. Darum beauftragte er im Vorfeld der Bonner UN-Konferenz gemeinsam mit der EU den Wirtschaftswissenschaftler Pavan Sukhdev, den Nutzen der biologischen Vielfalt und die Kosten ihres Schutzes zu berechnen.

Am Donnerstag stellte Sukhdev, der bei der Deutschen Bank für globale Märkte zuständig ist, erste Ergebnisse vor. Eine einzelne plakative Zahl konnte er allerdings nicht bieten. "Der Wert der Biodiversität ist in vielen Feldern schwer zu beziffern", sagte Sukhdev. Für einzelne Ökosysteme gibt es jedoch schon Schätzungen. "Wenn die Wälder weiterhin mit der gleichen Rate zerstört werden, kostet uns allein das bis zum Jahr 2050 rund 6 Prozent des jährlichen Weltsozialprodukts."

In diversen Studien bereits gut dokumentiert sind auch marine Ökosysteme. So seien etwa Korallenriffe direkte Grundlage für 9 bis 12 Prozent der weltweiten Fischerei; weil sie zudem für viele Arten als Kinderstube dienen, hängt indirekt ein weit größerer Teil der Fischerei von ihnen ab. Während die potenzielle medizinische Nutzung der extrem artenreichen Riffe bisher nicht beziffert ist, gibt es Berechnungen über ihren jährlichen Wert für den Tourismus (bis zu 2.700 Dollar pro Hektar) und für Küstenschutz (bis zu 1.100 Dollar pro Hektar). Insgesamt wird der jährliche finanzielle Nutzen eines Hektars Korallenriff auf bis zu 6.000 Dollar geschätzt; die Kosten, ein solches Gebiet zu schützen, machen nur einen Bruchteil eines Prozents davon aus.

Ohne politische Gegenmaßnahmen würden bis zum Jahr 2030 allerdings rund 60 Prozent der Korallenriffe zerstört sein, warnte Sukhdev. Ziel müsse darum sein, die ökonomischen Erkenntnisse in politisches Handeln zu überführen. "Die Knappheit der natürlichen Ressourcen muss einen Preis bekommen", forderte auch Gabriel. "Am Erhalt der Natur muss man künftig mehr verdienen als an ihrer Zerstörung." Mögliche Instrumente sollten sich am Emissionshandel orientieren, bei dem Verschmutzungsrechte versteigert werden.

Befürchtungen von Umweltverbänden, die Berechnungen könnten dazu führen, dass nur noch geschützt werde, was sich wirtschaftlich rechne, trat Gabriel entgegen. Ethische Appelle hätten nur begrenzte Reichweite, sagte er. Greenpeace wertete den Zwischenbericht von Sukhdev denn auch positiv: "Solche Analysen sind notwendig, um ein Umdenken in den Kreisen der Wirtschaft zu erreichen", sagte Waldschutzexperte Martin Kaiser.

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