Griechenlands EM-Vorbereitung: Retro-Trainer Rehhagel

Otto Rehhagel, griechischer Fußballkönig, weilt mit seinem griechischen Team in Frankfurt und zeigt Journalisten und Spielern, wie Fußball früher war.

Medienmuffel Rehagel. Bild: ap

Für Rotsias Apostolos bietet sich dieser Tage eine vortreffliche Gelegenheit, Nützliches und Angenehmes miteinander zu verbinden. In der Geleitstraße in Offenbach führt der gebürtige Grieche einen Kiosk, doch anzutreffen ist der 51-Jährige derzeit eher vor der Wintersporthalle in Frankfurt. Apostolos ist Fan der griechischen Nationalmannschaft, er trägt ein verwaschenes Torwarttrikot mit der Aufschrift "Nikopolidis". In der Hand hält er griechische Zeitungen. Die verkauft er seinen Idolen beim Einsteigen in den Bus, nachdem die Herren zuvor auf einem Rasenplatz im Schatten der Frankfurter Arena geschwitzt haben.

Nur wenige wissen von der Präsenz des amtierenden Europameisters. Im Grunde sind die Termine geheim und das Training sowieso. Trainer Otto Rehhagel mag keinen Rummel. Da bleibt er seinen Methoden und Marotten treu. Hotel und Trainingsplatz sind tabu für Journalisten. "Wir kennen Otto nicht anders: Er hat damit Erfolg", sagt Andreas Naumis, Reporter beim staatlichen TV-Sender E.R.T. Er und seine Kollegen greifen auf die Handynummern der Kicker zurück, die nur kurz am von drei Securityleuten bewachten Seiteneingang Rede und Antwort stehen dürfen, während Rehhagel wort- und grußlos am anderen Ausgang in den Bus hastet. Vor dem Testspiel am Sonntag in Offenbach gegen Armenien (20.15 Uhr) möchte Rehhagel nicht reden. Pressekonferenzen, bei anderen EM-Teilnehmern obligatorisch, halten die Griechen nicht für notwendig - König Otto will es so. Hatte er nicht nach dem 2:3 in Budapest gegen die Ungarn genug gesagt? "Wir haben geglaubt, es ist ein Freundschaftsspiel, aber die Ungarn haben gekämpft, als wärs die Europameisterschaft. Die Niederlage war eine Warnung zur rechten Zeit." Mehr muss keiner wissen.

"Rehakles", der seinen Vertrag bis 2010 verlängert hat, thront bei den Hellenen über allen. "Otto ist unser Chef und unser wichtigster Mann", berichtet Stürmer Angelos Charisteas, der wieder einmal einen neuen Arbeitgeber sucht, "wir hören alle auf ihn." Zehn der Helden von 2004 sind wieder berufen. Den 18-jährigen Überflieger Sotiris Ninis schickte der Meister dagegen heim. Treffen müssen andere, allen voran die Bundesliga-Stürmer Ioannis Amanatidis, Theofanis Gekas oder eben Charisteas, der den Außenseiter vor vier Jahren zum Titel schoss. "Wir sind sogar stärker als 2004", glaubt er: "Aber das ist Theorie. Entscheidend ist auf dem Platz." Das hätte auch der Übervater nicht besser formuliert. Die verbale Übereinstimmung ist kaum Zufall: Wenn Rehhagel nicht gerade mit seinem Deutsch sprechenden Co-Trainer Ioannis Topalidis kommuniziert, tauscht er sich mit Charisteas aus, oft nehmen sich die beiden in den Arm. Noch immer kann Rehagel kein Griechisch. Als sich Traianos Dellas und Sotirios Kyrgiakos, seine hünenhafte wie unbewegliche Innenverteidigung, vor dem Trainingsspiel falsch positioniert, brüllt Rehhagel: "Change, change!"

Von moderner Trainingslehre hält der Mann bis heute nicht viel: Der Inhalt des Übungsbetriebs 2008 weist frappierende Ähnlichkeit mit seiner Vergangenheit auf: Aufwärmen, Spielen. Letzteres ausufernd lang. Kioskbesitzer Apostolos glaubt daran, dass es damit am 10. Juni zum EM-Auftakt in Salzburg gut geht: "Wir schlagen im ersten Spiel die Russen und kommen wieder ins Finale. Diesmal gegen Deutschland." Er lacht.

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