Verstopfung im All: Wenn das Weltraumklo streikt

Die ISS-Besatzung hat Probleme mit der russischen Bordtoilette. Nun müssen womöglich die guten alten "Apollo-Tüten" benutzt werden.

Südkoreas erste Astronautin So-Yeon Yi ist schon wieder zuhause. Ihr russischer Kollege Sergei Volkov bastelt weiter am Weltraumklo. Bild: dpa

Es klingt wie ein sehr schlechter Scherz: Die Crew der internationalen Raumstation ISS hat massive Probleme mit dem an Bord befindlichen, hochmodernen Toilettensystem. Das so genannte Weltraumklo ist ein kompliziertes Stück Technik: Mangels Schwerkraft wird eine Ansaugvorrichtung verwendet, um die menschlichen Hinterlassenschaften in einen Sammelbehälter zu befördern. Allein, der dazu benötigte Kompressor saugt nicht mehr stark genug, wie die NASA am Dienstag einräumen musste. Und das geht schon seit Tagen so: Entdeckt wurde das Problem bereits am vergangenen Mittwoch. Zwischenzeitlich schien es gar behoben, bis die Crew entnervt einen neuerlichen Ausfall durchgeben musste.

Laut Statusbericht soll es in der vergangenen Woche ein "lautes Geräusch" gegeben haben, nachdem plötzlich das Gebläse der Toilette nicht mehr funktionierte. Die Crew machte sich sofort an die Fehlerbehebung, musste dann aber feststellen, dass der wichtige Luft/Wasser-Trenner nicht mehr lief. Die weltraumerprobten russischen Kosmonauten Kononenko und Volkov machten sich zusammen mit ihrem amerikanischen Kollegen Reismann daran, das Problem zu beheben - und tauschten dazu fast alle Komponenten aus, hatten sie doch zum Glück Ersatzteile zur Hand. Der Trenner wurde ebenso gewechselt wie ein Filter. Anschließend saugte das Weltraumklo russischer Fabrikation wieder.

Lange ging das allerdings nicht gut, so dass die Moskauer Bodenstation die Besatzung aufforderte, doch so lange die Einrichtung im praktischerweise derzeit an der ISS angedockten Sojus-Transportraumschiff zur verwenden. Das Problem: Das russische Raketenshuttle besitzt nur eine eingeschränkte Exkrementekapazität, schließlich ist es nur zum schnellen Pendeln zwischen Erde und ISS gedacht.

Die nächsten Tage über beschäftigte sich die Crew weiter mit der störrischen Toilette. Die im russischen Servicemodul "Zvezda" untergebrachte Technik funktionierte danach manchmal wieder, dann wieder nicht. Ein NASA-Sprecher räumte ein, dass die Besatzung auch am Wochenende noch Ärger mit dem Weltraumklo gehabt habe: "Sie dachten, das Problem korrigiert zu haben, es kam aber wieder. Dann wiederholten sie die Problemlösung." Doch auch am Dienstag setzte sich der unschöne Zyklus fort, so dass Insider gar von "Fabrikationsfehlern" munkelten, wie der US-Nachrichtensender "MSNBC" meldete. Ein neues Toilettenmodell, das auf die vergrößerte Besatzung von sechs statt drei Astronauten ausgerichtet ist, solle erst später in diesem Jahr zur ISS kommen. Es könne sein, dass die Mannschaft bis dahin mit der bestehenden Technik leben müsse - und für den Notfall zu so genannten "Apollo-Tüten" zu greifen hat. Dabei handelt es sich um eine altertümliche Technologie, die bereits bei den Mondmissionen der NASA in den Sechzigerjahren zum Einsatz kam: Die Astronauten müssen sich in Plastikbehälter mit kleinen Öffnungen entleeren, ein unschönes Verfahren, das mit Erfindung des Weltraumklos eigentlich seit langem Vergangenheit war. Eine ausreichende Anzahl entsprechender Beutel ist vorhanden.

Es gibt jedoch noch eine andere Alternative. Sollte es der ISS-Besatzung gelingen, den Fehler genau zu lokalisieren, könnten sie das kurz vor dem Abflug stehende Shuttle Discovery bitten, passende Ersatzteile mitzubringen. Die Discovery soll voraussichtlich Ende Mai mit dem nächsten Teil des japanischen Weltraumlabors Kibo zur ISS aufbrechen. Das alleine ist schon eine gigantische Mission: Das Modul wird über zehn Meter lang sein und der Aufbau insgesamt sieben Astronauten beschäftigen, die auch zwei Roboterarme installieren.

Das russische Toilettensystem galt bislang eigentlich als sehr zuverlässig - es entstand aus Technologien, die an Bord der Raumstation "Mir" ausgiebig getestet wurden. Das Weltraumklo der nächsten Generation ist bereits seit längerem in Planung: Die NASA will 19 Millionen Dollar in das ebenfalls aus Russland stammende neue Gerät investieren. Zu den Vorteilen gehört unter anderem, dass die Astronauten etwas mehr Privatsphäre bei ihren "Geschäften" haben sollen. Die verwendete Technik dürfte aber nochmals komplexer sein, als die bisherige. Ein Versagen des neuen Superklos würde den Verbrauch von "Apollo-Tüten" drastisch steigern: Dann werden sechs Astronauten im All leben.

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